Streit um EU-Beitrittsverhandlungen:Türkischer Minister wirft Österreich "radikalen Rassismus" vor

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Verärgert über Österreich: Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu (Foto: AFP)
  • Ankara reagiert ungehalten auf die Forderung des österreichischen Bundeskanzlers Kern, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu beenden.
  • Der türkische Außenminister greift die Regierung in Wien scharf an.
  • Österreichs Außenminister Kurz fordert Ankara auf, sich in seiner Wortwahl zu mäßigen.

Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu hat seine Angriffe gegen die Regierung in Wien verschärft. Diese solle auf ihr eigenes Land blicken, sagte er dem regierungsnahen Sender TGRT Haber. Ein Hauptproblem für die Menschenrechte sei Rassismus. Österreich sei inzwischen das Zentrum des "radikalen Rassismus". Von den Aussagen des Bundeskanzlers Christian Kern sei "eine hässlicher als die andere".

Kern hatte im ORF gesagt, die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei seien "nur noch diplomatische Fiktion". Zugleich hatte er ein "alternatives Konzept" gefordert.

Çavuşoğlu warf den Regierungsvertretern in Wien vor, "unser Volk, das türkische Volk, das in Österreich lebt" als "radikal" zu bezeichnen. Das sei eine Lüge. Der türkische Außenminister verwahrte sich auch gegen Kritik aus der EU insgesamt.

Vorwürfe erhob Cavusoglu auch gegenüber deutschen Medien. Diese seien fremdgesteuert und machten Stimmung gegen Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan. "In den meisten europäischen Ländern sind die Medien nicht frei. ", sagte er, "vor allem in Deutschland sind sie überhaupt nicht frei. Sie werden alle vollständig von einem Kontrollmechanismus geleitet." Darüber, wer angeblich die Kontrolle ausübe, machte Cavusoglu keine Angaben. Er sagte lediglich, dass alle Medien in gleichem Maße "gegen die Türkei und unseren Präsidenten berichten, ist kein Zufall, das wissen wir".

Außenminister Kurz fordert Ankara zur Mäßigung auf

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz forderte Çavuşoğlu nach dessen Aussagen zu Zurückhaltung auf. "Ich weise die Kritik des türkischen Außenministers an Österreich scharf zurück", sagte er nach Angaben eines Sprechers. Ankara sei dazu aufgerufen, sich in Wortwahl und Vorgehen im Land zu mäßigen und seine "Hausaufgaben" zu machen.

Die rechtspopulistische FPÖ bezeichnete es als verstörend, wenn Kritik an den Entwicklungen in der Türkei unter Staatschef Erdoğan als "rechtsextrem verunglimpft" werde. Es werde spannend, ob Kern beim EU-Gipfel Mitte September seinen Kurs durchhalte und den Abbruch der Beitrittsverhandlungen als Antrag einbringe. Die FPÖ lehnt einen EU-Beitritt der Türkei vehement ab.

Diskussion um EU-Beitritt
:Türkei: Österreichs Kanzler klingt wie ein Rechtspopulist

Der Streit zwischen der Türkei und Österreich verschärft sich. Christian Kern will die EU-Beitrittsverhandlungen abbrechen, Ankara reagiert entrüstet.

Bereits vor Çavuşoğlu hatte der türkische Europaminister Ömer Çelik die Forderung Kerns nach einem Stopp der Verhandlungen scharf zurückgewiesen. Unter Anspielung auf die FPÖ sagte er, dass deren "Kommentare ähnlich wie die der Rechtsaußen klingen".

© SZ.de/dpa/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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