Streit um Erika Steinbach:Versöhnung vertagt

Die Bundesregierung und der Bund der Vertriebenen stehen sich im Streit um Erika Steinbach starr gegenüber. Beim BdV wächst die Unsicherheit.

Stefan Braun

Die Bundesregierung und der Bund der Vertriebenen (BdV) sind in eine Situation geraten, in der sie sich komplett selbst blockieren. Während die Präsidentin des BdV, Erika Steinbach, auch am Wochenende darauf verwies, die Regierung möge im Streit um die Besetzung des Beirats der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" endlich zu einem Entschluss kommen, hieß es in Regierungskreisen, bevor sich der BdV nicht entschieden habe, ob er Steinbach für den noch offenen Sitz im Beirat nominiere, sehe die Regierung keinen Grund, selbst zu handeln. "Den Ball können wir noch ewig hin und her spielen", hieß es dazu am Sonntag in Koalitionskreisen.

Streit um Erika Steinbach: Die Präsidentin des Bunds der Vertriebenen, Erika Steinbach

Die Präsidentin des Bunds der Vertriebenen, Erika Steinbach

(Foto: Foto: ddp)

Damit ist die Debatte endgültig in jene Sackgasse geraten, die mancher in CDU und CSU wie auch im Bund der Vertriebenen von Anfang an fürchtete, als im Frühjahr 2008 die damalige Koalition aus Union und SPD beschloss, die Stiftung einzurichten. Zum Ja der bis dahin stets kritischen SPD gehörte seinerzeit die Vereinbarung, dass die beteiligten Organisationen und Verbände ihre Mitglieder für den Beirat selbst nominieren dürften, das Bundeskabinett diese aber abschließend ernenne. Damit verankerten die Sozialdemokraten von Anfang an ein Vetorecht. Und allen Beteiligten war klar, dass es dabei in erster Linie um Erika Steinbach selbst gehen würde.

Die Präsidentin der Vertriebenen würde sehr gerne in den Beirat. Die Stiftung gilt seit langem als ihr größtes politisches Ziel überhaupt, deswegen würde sie dieses Zentrum am liebsten auch selbst mitgestalten. Zugleich aber gilt sie für viele, vor allem in Polen, als problematisch, weil sie 1991 gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze gestimmt hatte. Entsprechend ablehnend hatte sich zuletzt Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) bei seinem Antrittsbesuch in Warschau geäußert. Westerwelle drohte mit einem Veto im Kabinett, sollte der BdV Steinbach nominieren.

Immerhin ein klein wenig Entspannung trat am Sonntagnachmittag ein, als die FDP erstmals offiziell signalisierte, sie habe sich noch nie einem Gespräch verweigert. Vorausgegangen waren Berichte, wonach Steinbach Westerwelle schon vor Tagen zum neuen Amt gratuliert und dabei um ein Gespräch gebeten habe. "Ich rede mit jedem", hatte sie dazu am Wochenende erklärt. Wie aus der FDP zu hören ist, habe das Gesprächssignal an der grundsätzlichen Haltung jedoch nichts geändert.

Wie der Konflikt gelöst werden kann, blieb deshalb auch am Wochenende unklar. Zumal Steinbach mehrere Angebote der Regierung, einen Verzicht ihrerseits entweder mit einem anderen Amt oder mit zusätzlichen Mitteln für die Vertriebenen zu kompensieren, brüsk zurückgewiesen hat. In den Reihen der Vertriebenen wie für weite Teile in der Union ist die neuerliche Schärfe in dem Konflikt überraschend gekommen. Wie aus Reihen des Vertriebenenbundes zu hören ist, hatte die polnische Seite bei Westerwelles Antrittsbesuch vor einigen Wochen eine derart klare Stellungnahme gegen Steinbach offenbar keineswegs eingefordert. Umso überraschender sei man auch in Warschau über Westerwelles scharfe Äußerungen gewesen.

Dem amtierenden Premierminister Donald Tusk, so heißt es aus diplomatischen Kreisen, könne an einer neuerlichen Aufladung des Konflikts um Steinbach kaum gelegen sein, weil diese Debatte stets nur den Konservativen in Polen in die Hände spiele.

Zugleich freilich wächst nun offenbar auch in den Reihen der Vertriebenen die Unsicherheit. So gibt es manche, die für einen klugen Kompromiss und einen Verzicht Steinbachs plädieren. Andere wie der CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt erklären dagegen, dass Steinbach unverzichtbar sei aus Sicht des Bundes der Vertriebenen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: