Streit um deutsche Agenten im Irak:BND-Chef spricht von "ungeheuerlicher" Kampagne gegen Nachrichtendienste

Der Untersuchungsausschuss ist fürs erste gescheitert, jetzt gehen die Regierung und der Geheimdienst in die Offensive: Opposition und Medien würden die Arbeit des BND und somit die Sicherheit in Deutschland gefährden. Deutliche Kritik an der Regierung kommt hingegen vom Europarat.

Die in Medien aufgestellten Behauptungen, zwei Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Bagdad hätten sich an der operativen Kampfführung im Irak-Krieg beteiligt, hätten sich als haltlos herausgestellt, sagte Ernst Uhrlau bei seiner Amtseinführung in Berlin.

Streit um deutsche Agenten im Irak: Der neue Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Ernst Uhrlau, verteidigt das Verhalten seiner seine Mitarbeiter im Irak.

Der neue Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Ernst Uhrlau, verteidigt das Verhalten seiner seine Mitarbeiter im Irak.

(Foto: Foto: dpa)

Dies gelte ebenso für Behauptungen, der BND habe sich für die Anti-Kriegspolitik der rot-grünen Bundesregierung bei den Amerikanern sogar entschuldigt. Die Grundlage für solche Vorwürfe sei eine einzige anonyme US-Quelle gewesen.

Sicherheit der WM 2006 gefährdet?

Einer Kontrolle ihrer Arbeit wollten sich die Geheimdienste nicht entziehen. Dies müsse aber in dem zuständigen Bundestagsgremium geschehen.

Der bisherige BND-Präsident August Hanning kritisierte "die Leichtfertigkeit, mit der deutschen Behörden kriminelles Handeln unterstellt" werde. Die BND-Agenten hätten in erster Linie "Respekt und Anerkennung" verdient.

Ein Untersuchungsausschuss des Parlaments würde die Arbeit der deutschen Nachrichtendienste teilweise "lähmen". Belastet werde dadurch auch die rechtzeitige Aufklärung von möglichen Anschlagsplanungen bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland.

Für Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) sind "fundierte, unabhängige Informationen" der Nachrichtendienste für die Regierung unverzichtbar.

Der BND und Irans Nuklearprogramm

Nur so könne man Entwicklungen etwa beim iranischen Raketen- und Nuklearprogramm richtig einschätzen und zwischen Behauptungen, Tatsachen und Lügen unterscheiden.

"Viele ausländische Partner beneiden uns um unsere Kenntnisse in diesem Bereich", sagte der Kanzleramtschef.

Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) verteidigte die Kooperation des Bundesnachrichtendienstes (BND) mit ausländischen Geheimdiensten.

Angesichts der Internationalität der neuen Bedrohungen sei der BND auf eine vertrauensvolle nachrichtendienstliche Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern angewiesen. "Die haben nun einmal nicht immer die gleichen Maßstäbe wie wir", fügte de Maizière hinzu.

Der neue Präsident des BND, Ernst Uhrlau, nannte Vorwürfe wegen der Aktivitäten des deutschen Auslands-Geheimdienstes im Irak "ungeheuerlich".

Neue Details über den Einsatz im Irak

Der Onlinedienst stern.de zitiert hingegen Geheimdienstunterlagen, wonach der BND 25 Meldungen seiner Agenten aus dem Kriegsgebiet an die Amerikaner weitergegeben habe.

FDP und Linkspartei wollen derweil doch noch einen Untersuchungsausschuss durchsetzen, ein so genannter Gruppenantrag soll die erforderliche Zustimmung eines Viertels des Bundestages bringen.

Kritik von Europarat-Ermittler Dick Marty

Der Europarats-Ermittler über mutmaßlich illegale Aktivitäten des US-Geheimdienstes CIA, Dick Marty, hat einen Untersuchungsausschuss des Bundestages angemahnt.

Bisher widersetze sich die deutsche Regierung aus "politischen Interessen" der Einsetzung eines solchen Ausschusses, sagte er am Dienstag vor Journalisten im Europarat in Straßburg.

Dies sei nicht gerade das Zeichen einer "großen Kooperationsbereitschaft". Auch der ehemalige Außenminister Joschka Fischer (Grüne) wolle offenbar die "Bücher des Nachrichtendienstes" nicht öffnen, kritisierte Marty.

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