Streit um Atomabkommen:USA drohen Iran mit "beispiellosem Druck"

Außenminister Mike Pompeo kündigt "schwerste Sanktionen der Geschichte" gegen Teheran an. Zudem verlangt er von den Europäern, ihre Geschäfte mit dem Land einzustellen.

Von Alan Cassidy, Washington

Die USA haben nach dem Ausstieg aus dem Atomabkommen mit Iran eine massive Verschärfung der Sanktionen gegen Teheran angekündigt. Man werde einen "beispiellosen finanziellen Druck" auf das iranische Regime ausüben, sagte der neue US-Außenminister Mike Pompeo am Montag in seiner ersten großen Rede in Washington. Er sprach von den "schwersten Sanktionen der Geschichte". Die Maßnahmen, die man bereits ergriffen habe, seien dabei erst der Anfang. Die Führer in Teheran würden bald keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit der USA haben: "Der Stachel der Sanktionen wird sehr schmerzhaft sein."

Pompeo wandte sich in seiner kämpferischen Ansprache bei der konservativen Denkfabrik Heritage Foundation auch an die Europäer, die am Atomabkommen mit Iran festhalten wollen. Diese Länder und ihre Unternehmen müssten "verbotene Geschäfte" mit Iran einstellen. Ansonsten würden sie "zur Verantwortung gezogen". Es gehe nicht an, dass das iranische Regime über anhaltende Wirtschaftsbeziehungen zu Wohlstand komme, den es für bösartige Tätigkeiten im Nahen Osten einsetze. US-Unternehmen hätten dies begriffen, nun müssten es auch europäische Firmen nachvollziehen.

Der Außenminister sagte weiter, dass die Regierung von Präsident Donald Trump ein neues Abkommen mit Teheran anstrebe. Im Rahmen eines solchen Deals stellte Pompeo die Aufhebung der Sanktionen und wirtschaftliche Anreize in Aussicht - aber nur, wenn Iran zuvor einen Katalog von Bedingungen erfülle. Das Land müsse nukleare Aktivitäten wie die Anreicherung von Uran stoppen und ungehinderten Zugang zu allen Forschungs- und Produktionsstätten ermöglichen. Es müsse sein Raketenprogramm beenden sowie seine Unterstützung der Huthi-Milizen in Jemen und der Taliban in Afghanistan sofort einstellen. Auch solle Teheran seine bewaffneten Kräfte aus Syrien abziehen und alle US-Bürger freilassen, die in iranischer Gefangenschaft sitzen.

"Diese Liste ist ziemlich lang", sagte Pompeo, sie spiegle den Umfang des schädlichen Einflusses wider, den Iran in der weiteren Region habe. Irans Präsident Hassan Rohani wies die Drohungen zurück. Die internationale Gemeinschaft solle nicht zulassen, dass die USA dem Rest der Welt Vorschriften machten, sagte er. Pompeo sei ein ehemaliger Geheimdienstchef, den man nicht allzu ernst nehmen solle. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini kritisierte Pompeos Rede scharf. Sie habe "nicht deutlich gemacht, wie der Rückzug aus dem Atomabkommen die Region sicherer gemacht hat oder machen soll", hieß es in einer Stellungnahme Mogherinis. US-Präsident Trump hatte am 8. Mai den Ausstieg der USA aus dem Atomdeal verkündet und Sanktionen wieder in Kraft gesetzt. Die EU will indes am bestehenden Abkommen festhalten. Dazu arbeitet die EU-Kommission an Gegenmaßnahmen, um die US-Sanktionen zu blockieren. Eine EU-Verordnung von 1996, die damals europäische Unternehmen vor US-Sanktionen gegen Kuba, Iran und Libyen schützen sollte, soll dazu auf die neuen Sanktionen gegen Teheran ausgeweitet werden.

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