Streit über Steuerdaten:SPD wirft Justizministerin Schutz "krimineller Reicher" vor

Scharfe Kritik an den Plänen von Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger: Mit dem Gesetz gegen Datenhehlerei wolle sie Steuerkriminelle schützen und die Arbeit von Steuerfahndern behindern, schimpft die SPD. Die FDP-Ministerin hat angekündigt, Ankauf und Auswertung von Steuer-CDs unter Strafe stellen zu wollen.

Die SPD wirft Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vor, "Klientelpolitik für kriminelle Reiche" zu machen. Sie wolle Steuersünder schützen und "die rechtmäßige Arbeit von Steuerfahndern per Gesetz behindern", erklärte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß. Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann fügte hinzu: "Statt die Steuerhinterziehung zu bekämpfen, geht sie gegen Steuerfahnder vor".

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: "Der Ankauf bewegt sich in einem hochproblematischen Graubereich, nicht nur ethisch-moralisch, sondern auch juristisch."

(Foto: dpa)

Leutheusser-Schnarrenberger hatte in der Rheinischen Post erklärt, sie wolle den Ankauf und die Auswertung von Steuer-CDs durch ein Gesetz gegen Datenhehlerei künftig verhindern. "Ich unterstütze meinen hessischen Kollegen Jörg-Uwe Hahn, der eine Gesetzesinitiative gegen Datenhehlerei auf den Weg bringen will. Er plädiert für eine Strafbarkeit des Ankaufs und Erwerbs illegal erhobener Daten", so die FDP-Politikerin.

"Der Ankauf bewegt sich in einem hochproblematischen Graubereich, nicht nur ethisch-moralisch, sondern auch juristisch", sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Die derzeitige Rechtslage sei "nicht immer einleuchtend". Die Ministerin fügte hinzu: "Das ist auch unabhängig von Steuer-CDs heute ein wichtiges Thema, weil in unserer vernetzten Welt Daten wirtschaftlichen Wert repräsentieren und in dieser Hinsicht genauso geschützt werden müssen wie andere kommerziell verwertbare Güter."

Sehr zum Ärger der Bundesregierung hat das rot-grün regierte Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit wiederholt CDs mit Daten von Steuersündern gekauft, die ihr Geld in der Schweiz versteckt halten. Erst vor wenigen Wochen war bekannt geworden, dass Nordrhein-Westfalen Daten der Schweizer Coutts-Bank erworben hat.

Dieses Vorgehen hatte den Streit über das deutsch-schweizerische Steuerabkommen neu entfacht. Die rot-grün regierten Bundesländer wollen das Abkommen im Bundesrat verhindern, weil sie zu viele Schlupflöcher sehen. Das von der schwarz-gelben Koalition fertig ausgehandelte Steuerabkommen mit der Schweiz sollte eigentlich Anfang kommenden Jahres in Kraft treten.

Leutheusser-Schnarrenberger kritisierte die Blockade der SPD-geführten Länder gegen das Steuerabkommen. "Mit dem Abkommen wollten wir eine legale Grundlage schaffen, um Steuerhinterziehung zu bekämpfen", sagte die Ministerin dem Blatt. "Ich finde es unverantwortlich, dass SPD und Grüne das Steuerabkommen aus populistischen Gründen scheitern lassen."

Ministerpräsident Albig nennt Ansicht der FDP "heuchlerisch"

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) bezeichnete es unterdessen als "heuchlerisch", dass die FDP den Ankauf von Steuer-CDs Hehlerei nenne. Die Liberalen erweckten damit den Eindruck, es sei legitim, den Steuerstaat zu beklauen, sagte er in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die Kronzeugenregelung in Prozessen oder der Unterwanderung organisierter Kriminalität seien Beispiele dafür, dass der Staat immer wieder Kriminelle nutze, um andere Kriminelle zu bekämpfen.

Albig warb mit Nachdruck für den Kauf möglichst vieler Steuerdaten-CDs. "Ich bin dafür, alle Steuer-CDs zu kaufen, derer wir habhaft werden können, und sie zu nutzen. Denn das bringt dem Fiskus sehr, sehr viel Geld." Solche CD-Käufe halte er für absolut legitim. "Sie senden das Signal: Diese Gesellschaft wendet sich gegen Kriminelle, die der Gesellschaft Geld entziehen", sagte der Ministerpräsident.

Sein Parteikollege NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans kritisierte die Pläne des Bundesjustizministeriums ebenfalls. Es gehe Leutheusser-Schnarrenberger offenbar nicht um den Schutz der Interessen der Steuerzahler, "sondern darum, vermögenden Steuerbetrügern weiterhin Schutz vor der Strafverfolgung zu gewähren", sagte der SPD-Politiker. Er verwies zudem auf Urteile, wonach die Auswertung von angekauften Daten rechtmäßig sei.

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