Streit über die Auswirkungen der Gesundheitsreform:Kassen werfen Schmidt "Blütenträumerei" vor

Trotz der Drohung des Gesundheitsministeriums erhöhen 20 Betriebskrankenkassen ihre Beiträge. Denn: Was die Gesundheitsreform im Jahr 2004 bringe, müsse sich noch zeigen.

(SZ vom 1.8.2003) - Nur einen Tag nach dem Krisengipfel im Bundesgesundheitsministerium ist ein neuer Streit zwischen den Krankenkassen und Sozialministerin Ulla Schmidt entbrannt. Entgegen dem Versprechen der Spitzenverbände, die Kassenbeiträge im Gefolge der Gesundheitsreform zu senken, kündigten 18große und zwei kleine Betriebskrankenkassen an, von heute an deutlich mehr Geld von ihren Versicherten zu verlangen.

Die Kassen, darunter große Anbieter wie die Siemens BKK (430.000 Mitglieder), die Taunus BKK (600.000 Mitglieder) oder die BKK Mobil Oil (660.000 Mitglieder) wollen die Beiträge um bis zu einen Prozentpunkt erhöhen.

"Diese Erhöhungen spiegeln die Wirklichkeit der Kassen im Jahr 2003 wider", erklärte eine Sprecherin des BKK-Bundesverbandes.

Was die Gesundheitsreform im Jahr 2004 bringe, müsse sich noch zeigen: "Bislang ist das nichts als Blütenträumerei", sagte die BKK-Sprecherin. Auf die Frage, ob denn im nächsten Jahr die Beiträge sinken, antwortete sie: "Schaun mer mal."

Der BKK-Spitzenverband bezweifelt zudem, dass die Regierung - wie von Gesundheitspolitikern der SPD und Union angedroht - die niedrigeren Beiträge notfalls per Gesetz anordnen kann.

Auch Guido Frings, der stellvertretende Vorstand der BKK Essanelle, die mit einem Satz von 11,9 Prozent (und künftig 12,8) immer noch der zweitgünstigste Anbieter ist, sagte der Süddeutschen Zeitung, die Beiträge ließen sich nicht einfach per Gesetz festlegen: "Selbst wenn die Politik sagt, dass es so kommt, muss das noch lange nicht den wirtschaftlichen Gegebenheiten der Kassen entsprechen."

Wenn etwa künftig das Sterbegeld aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Versicherung herausfalle, nütze dies Kassen mit sehr vielen jungen Mitgliedern relativ wenig.

Das Gesundheitsministerium reagierte auf die Beitragspläne der Betriebskrankenkassen höchst verärgert: Staatssekretär Klaus Theo Schröder, der die urlaubende Ministerin vertritt, kündigte an, die Aufsichtsbehörden würden dies genau prüfen.

Indirekt forderte er die Versicherten auf, notfalls die Kasse zu wechseln: Er erinnerte "die Versicherten an ein Sonderkündigungsrecht, das sie bei einer Beitragserhöhung haben".

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