Strafverfolgung:Klandestin

Die Polizei arbeitet zunehmend wie ein Geheimdienst.

Von Ronen Steinke

Nein, es ist nicht per se menschenrechtswidrig, wenn die Polizei sogenannte Trojaner einsetzt, wie es ihr im neuen BKA-Gesetz nun erlaubt wird: also Spionagesoftware, um Smartphones und Computer auszuforschen. So neu ist das Eindringen in die digitale Privatsphäre nicht. Die Polizei hatte schon lange die Möglichkeit, Festplatten zu beschlagnahmen und auszulesen, bei Razzien gegen Islamisten tragen Beamte regelmäßig Computer aus Wohnungen, bei Ermittlungen wegen Kinderpornografie auch.

Das Neue an der Online-Durchsuchung per Trojaner besteht gar nicht darin, dass die Polizei überhaupt auf private Festplatten zugreifen kann - abgesehen davon, dass das angesichts der genannten Beispiele nicht in jedem Fall skandalös wäre -, sondern schlicht darin, dass dies künftig heimlich geschehen soll. Weil Ermittler sich über Internetleitungen einschleichen dürfen, anstatt wie bisher an die Tür zu klopfen. Das aber ist keine Kleinigkeit. Die Möglichkeiten der Kontrolle der Polizei werden dadurch empfindlich verringert.

Die Trennlinie zwischen Polizei und Geheimdiensten wird so nicht nur äußerlich immer weiter verwischt, wie in ihrem Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum. Viel bedeutender dürfte sein, dass mit dem neuen Mittel des Staatstrojaners das brisante Privileg, Staatsgewalt im Geheimen ausüben zu dürfen, auch funktionell ausgeweitet wird: von den Geheimdiensten auf die Polizeibehörden, die es mit dem alltäglichen Geschäft zu tun haben.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: