Strafmaß für Liberias Ex-Präsident:UN-Tribunal verurteilt Charles Taylor zu 50 Jahren Gefängnis

"Verantwortlich für einige der abscheulichsten und brutalsten Verbrechen in der Geschichte": Das UN-Sondertribunal für Sierra Leone hat den früheren liberianischen Diktator Charles Taylor zu 50 Jahren Gefängnis verurteilt. Das kommt für den 64-Jährigen einer lebenslangen Haft gleich. Taylor kann jedoch in Berufung gehen.

Charles Taylor ist zu einer Gefängnisstrafe von 50 Jahren verurteilt worden. Der frühere liberianische Präsident sei für einige der abscheulichsten und brutalsten Verbrechen in der Geschichte verantwortlich, erklärte der Vorsitzende Richter des UN-Sondertribunals für Sierra Leone, Richard Lussek.

Da das Gericht Taylor die bereits in Gewahrsam abgesessene Zeit anrechnete, bleiben knapp 44 Jahre. Das kommt für den 64-Jährigen einer lebenslangen Strafe gleich. Seine Strafe soll Taylor in Großbritannien absitzen. Er kann in Berufung gehen. Die Staatsanwaltschaft hatte 80 Jahre gefordert.

Bereits Ende April war der 64-Jährige für schuldig befunden worden, in dem westafrikanischen Land Rebellen unterstützt und zu Verbrechen angestiftet zu haben. Er war in insgesamt elf Einzelpunkten schuldig gesprochen worden, darunter Terror, Mord, Vergewaltigung und Anwerbung von Kindersoldaten.

Taylor wurde 2006 in Nigeria festgenommen. Das Verfahren mit mehr als 100 Zeugen war am 4. Juni 2007 eröffnet worden. Unter anderem sagten Prominente wie die US-Schauspielerin Mia Farrow, der frühere südafrikanische Präsident Nelson Mandela und das britische Top-Model Naomi Campbell vor Gericht aus. Campbell hatte einst nach einem Benefiz-Dinner in Kapstadt Diamanten geschenkt bekommen, die laut Anklage von Taylor stammten.

Während sich andere mutmaßliche Täter für Gräueltaten in Sierra Leone in der Hauptstadt Freetown verantworten müssen, fand der Prozess gegen Taylor aus Sicherheitsgründen in den weit entfernten Niederlanden statt.

Die Richter hatten in ihrer Urteilsbegründung betont, dass die Staatsanwaltschaft nicht zweifelsfrei bewiesen habe, dass der Liberianer der Hauptdrahtzieher des blutigen Konfliktes (1991-2002) im Nachbarland gewesen sei und direkte Befehle gegeben habe. Er sei jedoch an der Planung der Straftaten beteiligt gewesen und habe die Kämpfer der "Revolutionären Vereinigten Front" (RUF) unterstützt, befanden die Richter. Dadurch habe sich Taylor Zugriff auf Diamanten verschafft.

Während des Bürgerkriegs in Sierra Leone wurden zwischen 1991 und 2001 etwa 120.000 Menschen getötet und Tausende verstümmelt. Taylor, der zwischen 1997 und 2003 Staatsoberhaupt von Liberia war, musste sich für seine Rolle in der Zeit von November 1996 bis Januar 2002 verantworten.

Vor knapp zwei Wochen hatte der ehemalige Staatschef eine letzte Gelegenheit erhalten, zu den Vorwürfen und dem Schuldspruch Stellung zu nehmen. Wortgewaltig und in einen eleganten Maßanzug gekleidet stellte sich der ehemalige Präsident dabei als Opfer einer von den USA angeführten politischen Intrige des Westens dar.

"Mein Handeln war wahrhaft und geschah mit nur Einem im Sinn: In der Hoffnung, Frieden nach Sierra Leone zu bringen", erklärte er. Er habe keines der ihm zur Last gelegten Kriegsverbrechen begangen. Taylor warf der internationalen Justiz vor, Konflikte in Afrika aus einer rein westlichen Perspektive zu beurteilen. Die Verteidigung hatte die Anschuldigungen stets zurückgewiesen. Taylors Rolle in Sierra Leone sei "komplett friedlich" gewesen.

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