Steuerpläne 2004:Merkel: "Es wird in diesem Jahr keine große Steuerreform geben"

Vom Reformeifer der Bundesregierung ist die CDU-Vorsitzende Angela Merkel nicht überzeugt: Die Unions-Chefin glaubt kaum noch an eine Einigung mit der rot-grünen Regierung auf eine Steuerreform in diesem Jahr.

Die Chancen für baldige Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition über eine radikale Reform der Einkommensteuer sind am Wochenende auf nahezu Null gesunken. CDU-Chefin Angela Merkel schloss solche Verhandlungen in diesem Jahr aus und machte die Bundesregierung verantwortlich dafür. Die Regierung habe offenbar "kein Interesse an einer echten Reform", sagte Merkel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Bundesfinanzminister Hans Eichel konterte mit dem Vorwurf, Merkel habe den Glauben an ihr eigenes Steuerkonzept verloren und suche nun Schuldige. Zuvor hatte der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber in einem Interview des Hamburger Nachrichtenmagazins Der Spiegel deutlich gemacht, dass die Unionsparteien mit ihren Konzepten für eine durchgreifende Reform noch immer nicht auf einen Nenner gekommen sind. Stoiber lehnte den Drei-Stufen-Tarif der CDU bei der Einkommensteuer erneut kategorisch ab. Ein Kompromiss müsse deutlich mehr als drei Stufen haben. Sonst sei eine Steuerreform nicht finanzierbar.

Stoiber weist Zweifel zurück

Stoiber wies auch Zweifel der CDU-Spitze an einer schnellen und höheren Steuerentlastung zurück. "Ich halte eine Entlastung von etwa zehn Milliarden Euro am Ende für eine realistische Zahl in einem Kompromiss mit der CDU", zitierte das Magazin den bayerischen Ministerpräsidenten. Damit widersprach Stoiber dem stellvertretenden CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz, der erklärt hatte, eine schnelle Nettoentlastung komme angesichts der Lage der Staatskassen "zum jetzigen Zeitpunkt ohnehin nicht in Frage".

Merkel sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, die Bundesregierung habe offenbar kein Interesse an einer echten Reform. Signale der Regierung wiesen "auf große Verzagtheit" hin, was den Umbau des Steuersystems angehe. "Ich habe leider nicht den Eindruck, dass Kanzler Schröder die Kraft und die Kreativität hat, eine wirklich radikale Steuerreform durchzusetzen", sagte die CDU-Vorsitzende.

Zugleich verteidigte Merkel das CDU-Konzept, das eine Netto-Entlastung der Steuerzahler um fünf bis acht Milliarden Euro vorsehe. "Das ist machbar", sagte sie. Eine Vereinfachung ohne jede Entlastung sei schwierig, weil dann bei einer Verbreiterung der Bemessungsgrundlage eine Menge Ungerechtigkeiten erzeugt würden. Im Vordergrund stehe aber ein neues, einfaches Steuersystem.

"Sturm im Wasserglas" vorüber

Eichel erklärte zu den Merkel-Äußerungen, der von der Union produzierte "Sturm im Wasserglas" scheine vorüber. Merkel habe eingesehen, dass sie die eigenen Reihen für ein geschlossenes Konzept der Union und für ein verlässliches Bekenntnis zum Subventionsabbau nicht geschlossen kriege. Davon versuche sie abzulenken, indem sie die Tatsachen verdrehe.

Die Bundesregierung sei zu Gesprächen bereit, wenn die Union ein Reformkonzept vorlege, "das belegbar in Form eines Gesetzentwurfs den Willen zum Subventionsabbau dokumentiert" und aufkommensneutral sei. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz meinte, dass Merkel selbst nicht mehr an eine Steuerreform glaube, habe einen einfachen Grund: "Frau Merkel und ihre famose Truppe haben schlicht und einfach falsch gerechnet."

Die Union traue sich nicht, einen Gesetzentwurf über den Bundesrat einzubringen, weil sie dann zugeben müsste, dass ihre Konzepte wild zusammengeschustert worden seien. Vom Theaterdonner konservativer Steuerpolitik bleibt nichts als Schall und Rauch.

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