Steuern:Erhöhen und senken

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Die SPD ringt mit ihrem Kanzlerkandidaten Martin Schulz darum, ob und wen sie künftig stärker mit Abgaben belasten soll als bisher.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Kürzlich gab SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz Investitionen in Bildung und Infrastruktur den Vorzug vor Steuersenkungen - damit widersprach er auch Überlegungen seiner Partei. Nun gibt es aus der Partei Widerspruch gegen Schulz. Fraktionschef Thomas Oppermann sagte am Donnerstag der Rheinischen Post, dass seine Partei auch Steuersenkungen erwäge. "Wir werden Be- und Entlastungen neu justieren." Dazu gehöre, dass Lasten für die Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen vermindert werden müssten - "ob durch Sozialabgaben oder Steuern, ist noch nicht entschieden".

Oppermann stellte damit klar, dass die SPD es nicht der Union überlassen will, bei der Bundestagswahl mit der Ankündigung von Steuersenkungen um Wählerstimmen zu werben. Das Spitzenpersonal von CDU und CSU hat bereits mehrmals in Aussicht gestellt, die Bürger um 15 Milliarden Euro jährlich entlasten zu wollen. Schulz hatte das für die SPD zurückgewiesen. "Das klingt toll, aber die, die wir wirklich entlasten müssen, haben davon nichts", sagte er.

Der Parteichef glaubt, der Staat habe genug Geld - der Fraktionschef offenbar nicht

Die Ansicht über Steuersenkungen ist nicht die Einzige, die den neuen Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten von anderen SPD-Spitzenpolitikern trennt. Auch wenn es um Steuererhöhungen geht, verfolgen Schulz und seine Partei offenbar verschiedene Ansätze. Schulz stellte in der Bild am Sonntag klar, dass sein Konzept der kostenfreien Bildung von der Kita bis zum Meister oder dem Uni-Abschluss ohne Steuererhöhungen auskomme. Er nehme für die Finanzierung von Bildung "überhaupt keinem" etwas weg, sagte er. "Wir haben Haushaltsüberschüsse in Milliardenhöhe." Oppermann lässt dagegen durchblicken, dass für Entlastungen an der einen Stelle an anderer Stelle dafür Steuern erhöht werden müssten.

Für eine solide Gegenfinanzierung plädiert auch SPD-Fraktions-Vize und Haushaltsexperte Carsten Schneider. "Wir werden für unser Steuerkonzept eine seriöse Finanzierung anbieten", sagte er der Süddeutschen Zeitung. Jede Maßnahme, ob das Bildungs- oder auch das Familienpaket - alles habe einen Preis, der am Ende bezahlt werden müsse. Auch, weil die Berechnungen dafür noch nicht abgeschlossen seien, sei "noch nicht entschieden, mit welchen konkreten steuerpolitischen Vorschlägen wir in den Bundestagswahlkampf ziehen werden". Schneider rechnet damit, dass das Konzept dazu Ende Mai, deutlich nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, verabschiedet wird.

Geändert werden soll, dass schon Facharbeiter unter den Spitzensteuersatz fallen

Die groben Leitlinien des SPD-Steuerkonzepts zeichnen sich bereits ab. Unstrittig erscheint, dass die Partei eine größere Umverteilung von finanziellen Belastungen plant. Hohe Einkünfte sollen stärker belastet, niedrigere Einkommen dagegen entlastet werden. Zur Gegenfinanzierung stehen die Ausweitung der Reichensteuer und Veränderungen beim Spitzensteuersatz im Zentrum der Überlegungen. "Wir denken darüber nach, ob die Reichensteuer ab einem Einkommen von 250 000 Euro für Ledige und 500 000 Euro für Verheiratete so bleibt oder in den progressiven Einkommensteuertarif eingearbeitet wird", sagte Fraktionschef Oppermann. Zugleich solle der Spitzensteuersatz von 42 Prozent erst bei höheren Einkommen greifen als bisher. Derzeit rutschen bereits besser bezahlte Facharbeiter mit einem Gehalt von mehr als 54 000 Euro in diesen Tarif. Das sei "eindeutig zu früh", sagte Oppermann.

Anders als bei Steuern steht die Partei geschlossen hinter dem Familien- und Bildungskonzept ihres Kanzlerkandidaten. "Elterngeld, gebührenfreie Kita und Ganztagsangebote" seien auch angesichts des demografischen Wandels der wichtigste Beitrag zur Modernisierung des Landes, sagte Oppermann. Zugleich stellte er klar, dass die Kosten dafür auf alle umverteilt werden müssten. "Alle Steuerzahler beteiligen sich an der Finanzierung unseres Gemeinwesens." Schulz wird wohl nicht umhinkommen, mindestens einigen Bevölkerungsschichten ins Portemonnaie zu greifen.

© SZ vom 07.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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