Steinmeiers Schattenkabinett:Die verpasste Chance

Das "Team Steinmeier" soll das Programm der SPD an Gesichter binden, greifbar machen, für was die SPD steht - und endlich den Wahlkampf des Kanzlerkandidaten anschieben. Doch ein Impuls sieht anders aus.

Wolfgang Jaschensky

"Sie sehen einen gut gelaunten Kanzlerkandidaten". Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier ist gut gelaunt. Es sollen, schon zu Beginn, bloß keine Zweifel an ihm und seiner SPD aufkommen. Der Noch-Außenminister ist nach Potsdam gekommen, um sein Team vorzustellen, das "Team Steinmeier". Er ist gekommen, um zu signalisieren: Jetzt geht es los! Jetzt ist mit der SPD zu rechnen!

Frank-Walter Steinmeier, AP

Will auf Sieg spielen: SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier bei der Vorstellung seines Kompetenzteams.

(Foto: Foto: AP)

Die Fakten sehen anders aus: In den Umfragen liegen die Sozialdemokraten weit hinter der Union. Institute prognostizieren CDU und CSU zusammen mit der FDP seit Monaten eine sichere Regierungsmehrheit. In Sachen Beliebtheit hat Kandidat Steinmeier keine Chance gegen Kanzlerin Merkel. Auch die Affäre um den gestohlenen Dienstwagen der SPD-Gesundheitsministerin stört empfindlich Steinmeiers Wahlkampfauftakt.

Jetzt steht der Kandidat vor dem Templiner See in Potsdam. Er sagt, was er seit Wochen sagt: "Wir spielen nicht auf Platz, wie spielen auf Sieg". Steinmeier will Kanzler werden, obwohl im Augenblick alles gegen ihn läuft. Und sein Schattenkabinett soll helfen, an diesem Traum festzuhalten. Es soll für den Wähler sichtbar Kompetenzen an Gesichter binden. Es soll greifbar machen, für was die SPD steht. Vor allem aber soll von dem Team ein Impuls ausgehen.

Als Steinmeier mit der Vorstellung der Seinen fertig ist, ist eines klar: Ein Impuls sieht anders aus.

Peer Steinbrück, derzeit für die Finanzen verantwortlich und Steinmeiers Star unter den Ministern, soll künftig auch für die Wirtschaft verantwortlich sein, ein neuer Karl Schiller. Ansonsten bleiben die etablierten Kräfte auf ihren angestammten Plätzen.

Neue Gesichter präsentiert Steinmeier nur in Zonen, die in der großen Koalition von Unions-Ministern geführt werden. Zum Beispiel: Ulrike Merten. Die anerkannte Verteidigungsexpertin gehört seit elf Jahren dem Verteidigungsausschuss an. Jetzt soll die 57-Jährige dem CDU-Minister Franz-Josef Jung Widerstand bieten. Oder: Udo Folgart, Diplom-Agraringenieur und Vizepräsident des Deutschen Bauernverbands. Er soll als Landwirtschaftsminister Ilse Agner (CSU) beerben.

Angst vor einem zweiten Kirchhof?

Große Gesten sehen anders aus. Gerhard Schröder präsentierte 1998 mit dem Unternehmer Jost Stollmann als Schatten-Wirtschaftsminister einen richtigen Quereinsteiger. Der CSU-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber zog 2002 mit Katharina Reiche eine 28-Jährige schwangere und unverheiratete Frau als Expertin für Familienpolitik heran.

Angela Merkel wiederum präsentierte im Wahlkampf 2005 völlig überraschend den Steuerexperten Paul Kirchhof. Der CDU-Politikerin, die in Umfragen lange deutlich vor dem damaligen Kanzler Schröder lag, hätte diese Personalie allerdings beinahe den Sieg gekostet. Vielleicht war es die Angst vor einem zweiten Kirchhof, die Steinmeier zögern ließ.

Doch anders als Angela Merkel muss Steinmeier keinen Vorsprung verwalten - sondern eine gewaltige Aufholfjagd schaffen.

Mit Harald Christ holt er sich zwar auch einen Quereinsteiger. Der 37-jährige Unternehmer machte ohne Studium eine erstaunliche Karriere und verdiente viele Millionen. Doch Christ soll sich nicht etwa um Wirtschaft oder Finanzen kümmern - hier wirkt ja bereits die Schiller-Reinkarnation Steinbrück -, sondern um die Mittelstandspolitik. Sicher eine ehrenwerte Aufgabe, aber keine, mit der sich Wahlkämpfe gewinnen lassen.

Einzig Manuela Schwesig, die junge Sozialministerin aus Mecklenburg-Vorpommern, verspricht, ein Erfolg im Wahlkampf zu werden. Die junge Mutter eines Sohnes soll im Bereich Familienpolitik der CDU-Politikerin Ursula von der Leyen Sympathiepunkte abjagen. Die Sozialministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern ist mit 35 Jahren die jüngste Ministerin Deutschlands - und die mit Abstand jüngste Politikerin in Steinmeiers Team.

Frank-Walter Steinmeier ist am Ende dieses Tages ein sympathischer Beamter, der als Kandidat chancenlos bleibt. Er beschwört die Gefahren eines Regierungswechsels: "Ich sage Ihnen, Schwarz-Gelb wäre der Rückweg, der Rückmarsch in die neunziger Jahre". Die Lebenssqualität würde sinken, suggeriert er noch.

Dabei wäre es erst einmal einfach so, dass die SPD nach elf Jahren nicht mehr dabei wäre. Da wird dem "Team Steinmeier" noch ein bisschen mehr einfallen müssen.

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