Steinmeier:Zwingend ordentlich

Der Bundespräsident findet den richtigen Ton zu Europa, mehr aber nicht.

Von Thomas Kirchner

Frank-Walter Steinmeier hat eine ordentliche Rede gehalten vor dem Europäischen Parlament. Sie wird sicher nicht in die Geschichte eingehen, da glänzte und perlte wenig, da war keine neue Idee, keine Formulierung, welche die Kraft hätte, den gebeugten Kontinent wieder etwas aufzurichten. Das war von diesem nüchternen Mann auch nicht zu erwarten gewesen.

Aber der Bundespräsident hat erfasst, worauf es ankommt nach dem Brexit-Schock, dessen Tragweite ja erst im Vollzug richtig spürbar wird. Es ist weder wohlfeil noch überflüssig, sich in diesen Zeiten öffentlich und lauthals zu Europa zu bekennen, und zwar konkret zu jener Union und ihren Institutionen, in denen die Staaten zum gemeinsamen Nutzen zusammenarbeiten. So wie immer mehr Bürger jeden Sonntag auf die Straße gehen, hat auch Steinmeier Partei für Europa ergriffen, in einer Mischung aus trotziger Entschlossenheit und Bescheidenheit, wie sie in Brüssel und Straßburg derzeit oft zu hören ist. Die Europäische Union, so lautet diese Botschaft, weiß um ihre Probleme, aber sie macht weiter, weil das für alle das Beste ist.

Dass Steinmeier manches wiederholte, was er in seiner Antrittsrede im Bundestag gesagt hatte, ist etwas peinlich. Falsch wird es dadurch nicht. Es kann keine leichten Lösungen geben, weder in Deutschland noch in Europa. Demokratie bleibt eine "anstrengende Staatsform".

© SZ vom 05.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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