Steinmeier und der "Deutschland-Plan":Planwirtschaft und Realismus

Die Debatte um Steinmeiers Versprechen, bis 2020 für Vollbeschäfitgung zu sorgen, hält an. Während der SPD-Kandidat das Ziel "ehrgeizig" nennt, überbieten sich Union und Opposition mit spöttischen Kommentaren.

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hat sein Wahlkampfkonzept zur Schaffung von vier Millionen Arbeitsplätzen bis 2020 gegen Kritik verteidigt. Dieses Ziel sei "realistisch und ehrgeizig", wenn sich Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nicht aufs Nichtstun zurückzögen, sagte der Vizekanzler in Berlin.

Steinmeier und der "Deutschland-Plan": Frank-Walter Steinmeier hat mit seinem "Deutschland-Plan" die Diskussion im Wahlkampf befeuert.

Frank-Walter Steinmeier hat mit seinem "Deutschland-Plan" die Diskussion im Wahlkampf befeuert.

(Foto: Foto: dpa)

Steinmeier wehrte sich gegen Kritik von Union, FDP, Grünen und Linken, sein sogenannter Deutschland-Plan sei unseriös. Ihm gehe es um einen "Wettstreit der Ideen" im Wahlkampf und um eine Abkehr vom "bloßem, abstrakten Krisengerede". Er rechtfertigte sein Konzept mit den Worten: "Das ist das Potenzial, das wir schaffen können innerhalb des nächsten Jahrzehnts." Über die Kritik von Union und Opposition sagte er knapp: "Wir sind alle keine Anfänger."

Nachdem CSU-Chef Horst Seehofer vom Fantasialand und sozialistischer Planwirtschaft sprach, warf der Vorsitzende der Linkspartei, Oskar Lafontaine, den Sozialdemokraten mangelnde Glaubwürdigkeit vor. "Wer jahrelang Regierungspartei ist, kann nicht plötzlich behaupten: Ich habe das Rezept." Die Linke will durch gezielte Investitionen zwei Millionen neue Jobs schaffen.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sprach von einem "Akt der Verzweiflung, um mit einem unseriösen Wahlgeschenk die am Boden liegende SPD wieder aufzurichten", während der Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin mitteilte, die SPD kopiere mit ihren Vorschlägen für neue Jobs den Ansatz der Grünen.

Steinmeier habe "einen Überbietungsversuch durch Produktpiraterie" gestartet. Grünen-Chefin Claudia Roth hielt Steinmeier im ZDF-"Sommerinterview" am Sonntag vor, sich in eine Fortsetzung der großen Koalition "reinkuscheln" zu wollen.

Der CDU-Arbeitsmarktexperte Ralf Brauksiepe sagte der Berliner Zeitung: "Es ist unglaubwürdig, in sozialistischer Planwirtschaftsmanier für einzelne Branchen und Jahre Arbeitsplätze zu versprechen." Bereits am Sonntag hatte Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) erklärt, dass die Menschen es leid seien, immer zu Wahlkampfzeiten mit Versprechen überschüttet zu werden.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil verteidigte den "Deutschland-Plan" von Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier. "Keine Partei, kein Politiker kann versprechen, dass man die Arbeitslosigkeit dermaßen senkt, sondern es ist ein politisches Ziel. Aber ich finde, man muss sich ehrgeizige Ziele setzen", sagte Heil in der ARD.

Wichtig sei, dass ein ehrgeiziger Plan vorgelegt werde, der die Richtung aufweise, wie es in Deutschland weitergehen solle, sagte Heil. "Es wäre auch ganz gut, wenn die anderen Parteien ihre Vorstellungen vorlegen würden. Dann kann man nämlich vergleichen. Wahlkampf ist ja nichts Illegitimes. Zur Demokratie gehört der Streit um die besten Ideen".

Skeptischer Experte

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger nannte Steinmeiers Arbeitsplatzversprechen sehr ambitioniert. "Die SPD muss Ross und Reiter nennen, woher das Geld kommen soll", forderte Bofinger in der Passauer Neuen Presse. Der Spielraum für Mehrausgaben sei sehr klein.

"Steuersenkungen verbieten sich jedenfalls in der nächsten Legislaturperiode", meinte er. "Durch die Absenkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung fehlt jetzt viel Geld in der Kasse. Der Arbeitslosenversicherungsbeitrag wird wieder erhöht werden müssen."

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