Steinbrücks Schweiz-Problem:Schlichte Bilder, sensible Ohren

Der deutsche Finanzminister und die Eidgenossen haben ein Problem miteinander: Die Schweizer fühlen sich beleidigt, Steinbrück ist sich keiner Schuld bewusst.

Mit Verwunderung hat Bundesfinanzminister Peer Steinbrück auf die Empörung in der Schweiz über seinen Indianer-Vergleich reagiert. In der Kontroverse über das Bankgeheimnis habe Steinbrück nicht die Schweizer angreifen wollen, sagte sein Sprecher Torsten Albig am Mittwoch in Berlin.

Steinbrücks Schweiz-Problem: Die Eidgenossen mögen ihn im Moment nicht so besonders: Finanzminister Peer Steinbrück.

Die Eidgenossen mögen ihn im Moment nicht so besonders: Finanzminister Peer Steinbrück.

(Foto: Foto: dpa)

Albig unterstellte den empörten Eidgenossen am Mittwoch Empfindlichkeiten. Der Minister habe sie nicht mit Indianern verglichen, gegen die die Kavallerie bereitstehe und die Schweiz nicht beleidigt. Politikern in Bern warf er vor, in ihren Angriffen auf Steinbrück jedes Maß verloren zu haben.

Der Minister hatte gesagt, dass von der OECD eine schwarze Liste mit Steueroasen erarbeitet werden könnte. Dies sei "die siebte Kavallerie in Fort Yuma, die man auch ausreiten lassen kann". Sie müsse aber nicht unbedingt ausreiten: "Die Indianer müssen nur wissen, dass es sie gibt." Im gleichen Atemzug hatte er ergänzt, nach seinen Informationen stünden die Schweizer nicht auf einer solchen Liste, die er im Übrigen auch nicht kenne.

Welle der Empörung

In der Schweiz hat er damit eine Welle der Empörung ausgelöst. Außenministerin Micheline Calmy-Rey nannte Steinbrücks Äußerungen "unannehmbar, beleidigend und aggressiv, sowohl im Inhalt als auch in der Form". In der Boulevardpresse wurde Steinbrück als "Herrenmensch" bezeichnet; am Dienstag war der deutsche Botschafter ins Berner Außenministerium einbestellt worden. Steinbrück hatte bereits im Herbst einen Eklat ausgelöst, nachdem er Steueroasen mit "weniger Zuckerbrot und mehr Peitsche" gedroht hatte.

Steinbrücks Sprecher Torsten Albig kommentierte den erneuten Aufschrei mit den Worten: "Mit keiner Silbe, mit keinem Vergleich, weder jetzt noch früher, hat der Minister sich despektierlich gegenüber der Schweiz und ihren Bürgerinnen und Bürgern verhalten." In Richtung der Schweizer Politik fügte er hinzu: "Wir nehmen zur Kenntnis, dass selbst schlichte Bilder bei Ihnen sehr sensibel wahrgenommen werden." Offensichtlich fühlten sich die Schweizer in ihrer Situation, außerhalb der OECD-Regeln zu stehen, "nicht ganz wohl", sagte Albig. Das sei verständlich: "Da können wir sie nur auffordern, bewegen sie sich auf uns zu! Dann sind ganz triviale Bilder für sie auch nicht ganz so unangenehm." Dass Steinbrück in die Nähe von Politikern der 30er Jahre gestellt werde, bezeichnete Albig als sehr überraschend. Offensichtlich gebe es, wie in Deutschland, auch in der Schweiz viele Menschen, die in der Bewertung einer politischen Debatte jedes Maß verlören.

Die Frage, ob es überhaupt eine schwarze OECD-Liste gibt, auf der die Schweiz steht, hat mittlerweile in der Alpenrepublik eine interne politische Debatte ausgelöst. Am Freitag hatte Finanzminister Hans-Rudolf Merz auf eine entsprechende Frage mit "Ja" geantwortet. Am Mittwoch sprach er im Parlament dagegen nur noch von einer schwarzen Liste, "die geplant war". Die Industrieländer-Organisation OECD hat dementiert, dass sie eine solche Liste erstellt habe. Sie räumte aber die Existenz einer entsprechenden "Aufzählung" ein.

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