Stapellauf der "Graf Zeppelin" vor 75 Jahren:Warum Hitlers Flugzeugträger nie zum Einsatz kam

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Nach dem Stapellauf in Kiel ziehen Schlepper den deutschen Flugzeugträger Graf Zeppelin in den Kieler Hafen. (Foto: Süddeutsche Zeitung Photo)

"Graf Zeppelin" hieß der einzige deutsche Flugzeugträger, vor 75 Jahren lief der Stahlkoloss in Kiel vom Stapel. Dann kam der Krieg - und die Luftwaffe stritt sich mit der Marine. Heute liegt das Riesenschiff auf dem Grund der Ostsee.

Braune Feststimmung in Kiel an jenem Wintertag vor 75 Jahren: Diktator Adolf Hitler kam am 8. Dezember 1938 an die Ostsee, um den Stapellauf des ersten deutschen Flugzeugträgers zu erleben. 262 Meter lang war die Graf Zeppelin, die an der Förde gebaut wurde. In Dienst wurde sie nie gestellt.

1760 Mann Besatzung, 43 Flugzeuge darunter die berüchtigten Sturzkampfbomber Ju 87, viele Dutzend Flakgeschütze, 200.000 PS Maschinenleistung, Höchstgeschwindigkeit 33,8 Knoten (63 km/h) - es sind beeindruckende Daten.

Die technische Leistung der Beteiligten war es gewiss auch, aber gemessen an den Erwartungen wurde das Großprojekt ein Schlag ins Wasser. "Es war technisch eine großartige Leistung der Kieler Werft, dieses Ding zu bauen", sagt der Marineexperte Ulrich Israel, der ein Buch über den ersten deutschen Flugzeugträger geschrieben hat.

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Der Bau des Schiffes verlief für die Kriegsplanung der Nazis zu langsam. Als Hitler 1939 mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg auslöste, hatte die Deutsche Werke Kiel AG - eine Vorgängerwerft der Traditionswerft HDW - die Graf Zeppelin nicht fertig.

Kompetenzgerangel zwischen Marine und Luftwaffe

Nun ging anderes vor: Die Werften sollten sich auf den Bau von U-Booten konzentrieren; das Vorhaben Flugzeugträger rückte in der Prioritätenliste nach hinten und blieb schließlich unvollendet. Jürgen Rohweder, viele Jahre lang HDW-Sprecher und profunder Kenner der Werftgeschichte an der Förde, sagt: "Der Bau wurde nie abgeschlossen, weil Marine und Luftwaffe sich nicht einigen konnten, wer auf dem Schiff das Sagen hat."

Autor Israel schildert, Luftwaffenchef Hermann Göring habe in seiner Taufrede durchblicken lassen, dass die Marine das Schiff zwar fahren könne, die Luftwaffe aber für die Fliegerei verantwortlich sein solle. "Und die Marine hatte keine Lust, für die Luftwaffe den Chauffeur zu machen."

Die Zeppelin wurde nach Danzig geschleppt und zur Lagerung von Edelhölzern verwendet. Ende 1942, nach Erfolgen britischer Flugzeugträger, kam er noch einmal zum Weiterbau zurück nach Kiel. Wenige Monate später erfolgte auf Anordnung Hitlers der entgültige Baustopp.

Zu mehr als 85 Prozent war das Schiff fertig. 76,7 Millionen Reichsmark waren nach Angaben Israels bis 1941 schon in das Prestigeprojekt geflossen, doch das war dem Diktator egal. Hitler zweifelte immer mehr an der Leistungsfähigkeit der schweren Überwasserschiffe, er warf der Marine deshalb Anfang 1943 beträchtliche Misserfolge vor. Deshalb blieb die Zeppelin unvollendet und ging auf ihre letzte Reise nach Stettin. Die Marine verankerte den Stahlkoloss in einem Seitenarm der Oder.

Als die Front immer näher rückte, sprengten die Deutschen Löcher in den Rumpf, so dass die Graf Zeppelin auf Grund sank. Die Rote Armee konnte den unvollendeten Flugzeugträger heben. Sie schleppten ihn hinaus auf die Ostsee. Über das weitere Geschehen gibt es unterschiedliche Versionen.

Fakt ist: 1947 wurde die Graf Zeppelin in der Ostsee versenkt. Die Sowjets hatten nach Darstellung Israels die Wirkung von Bomben und Torpedos an dem Schiff getestet; dann ging es unter.

Relikt in Fachhochschule Kiel

Fast sechs Jahrzehnte blieb das Schiff verschollen. Im Sommer 2006 ortete eine polnische Firma bei der Suche nach Öl- und Gasvorkommen das Wrack. Es liegt 30 Seemeilen nördlich vor Władysławowo (Großendorf) im Schlick der Ostsee.

Ein Schwesterschfiff, der sogenannte Flugzeugträger B, war ebenfalls im Bau. Doch schon 1940 wurde der unfertige Rumpf abgewrackt. Ein letztes Relikt dieser Prestigeprojekte der Nazis hat die Zeiten überdauert. Eine der vier Dampfturbinen des Trägers B ist in der Fachhochschule Kiel ausgestellt.

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