Stammzellenforschung:Obama will neue Freiheit für die Wissenschaft

Der US-Präsident kündigt eine Wende in der Forschungspolitik an und hebt Beschränkungen bei embryonalen Stammzellen auf.

C. Berndt

US-Präsident Barack Obama erleichtert die Forschung an embryonalen Stammzellen in den USA. Am Montag setzte er die Finanzierungsbeschränkungen seines Vorgängers George W. Bush per Präsidentendekret außer Kraft. Obama sprach von einer "Wende" in der Forschungspolitik, auf die viele Wissenschaftler und Patienten gehofft hätten. "Wir werden Wissenschaftler, die diese Forschung betreiben, nach Kräften unterstützen", betonte er.

Stammzellenforschung: Wieder ein Gesetz unterzeichnet: Barack Obama will, dass die Stammzellenforschung vorangetrieben wird.

Wieder ein Gesetz unterzeichnet: Barack Obama will, dass die Stammzellenforschung vorangetrieben wird.

(Foto: Foto: Reuters)

Der religiös motivierten Haltung Bushs erteilt der Präsident eine Absage. "Statt den Fortschritt zu fördern, hat unsere Regierung in den vergangenen Jahren eine falsche Wahl zwischen Wissenschaft und moralischen Werten erzwungen", sagte er. Als gläubiger Christ sei er überzeugt, dass "es unsere Pflicht ist, alles zu tun, um menschliches Leid zu lindern". Die embryonale Stammzellforschung könne einen Durchbruch bei bisher unheilbaren Krankheiten wie Diabetes oder Parkinson bringen. Zugleich zeigte Obama aber auch Verständnis für die Kritiker dieser Forschung.

Bush hatte mit Blick auf seine christlich-konservative Wählerschaft im August 2001 verfügt, dass es staatliche Fördergelder nur für Forschung mit bereits existierenden menschlichen embryonalen Stammzellen geben solle. Das sollte den Anreiz für die Zerstörung neuer Embryonen mindern, die mit der Gewinnung dieser Zellen einhergeht.

In den USA waren die Reaktionen auf Obamas Entscheidung genauso gespalten, wie es die Nation in der Stammzellfrage ist. Die religiöse Rechte zeigte sich unversöhnlich. Die Gewinnung embryonaler Stammzellen zerstöre werdendes Leben, hieß es Obamas Dekret sei "eine tödliche Verordnung", wetterte Tony Perkins vom konservativen Family Research Council. "Ein Schlag ins Gesicht aller Amerikaner, die an die Würde jedes menschlichen Lebens glauben." Fast einhellig begrüßten Wissenschaftler dagegen die angekündigte Wende in der Forschungspolitik. "Jetzt liegt das Mittelalter endlich hinter uns", freute sich Robert Klein, Leiter des Stammzellinstituts im Bundesstaat Kalifornien.

Obama kündigte an, der Forschung auch in anderen Bereichen "die Handschellen" zu nehmen, die ihr sein Vorgänger umgelegt hatte. So hatte die Bush-Regierung auf die Klimaforschung eingewirkt. Obama betonte, er wolle sicherstellen, "dass wissenschaftliche Daten niemals durch politische Einflüsse verdreht oder verschwiegen werden".

Auch in Deutschland stehe nun eine Neuausrichtung der Stammzellforschung an, erklärte die forschungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Ulrike Flach. "Wenn ein tiefreligiöses Land wie die USA diese Forschung staatlich fördert, brechen Argumentationslinien der Gegner in Deutschland zusammen." Das Bundesforschungsministerium teilte jedoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur KNA mit, es gebe keinen Grund, an der deutschen Gesetzgebung zu rütteln.

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