Ständiger Sitz:Berlin schlägt Reform des UN-Sicherheitsrats vor

Lesezeit: 2 min

Deutschland unternimmt einen neuen Vorstoß, um einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat zu erlangen und setzt sich für eine Erweiterung des Gremiums ein.

Nicolas Richter

Deutschland unternimmt einen neuen Vorstoß, um einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat zu erlangen. Die Deutsche Botschaft in New York hat gemeinsam mit anderen Staaten einen Reformtext entworfen, der am Donnerstag bei der UN-Generalversammlung einging.

UN-Sicherheitsrat: Bald mit 22 Mitgliedern? (Foto: Foto:)

Auf dieser Basis sollen rasch neue Verhandlungen über die seit Jahrzehnten umstrittene Erweiterung des höchsten UN-Gremiums beginnen. Der neue Entwurf sieht die Erweiterung des Rats um sieben auf 22 Mitglieder vor. Diese Interimsreform wäre auf zehn bis 15 Jahre angelegt und würde anschließend überprüft.

Das Papier bringt für die Neulinge mehrere Optionen ins Spiel: Danach ist ein ständiger Platz ebenso möglich wie ein zweijähriges Mandat, oder aber ein Fünfjahresmandat mit oder ohne Möglichkeit einer Wiederwahl. Die sieben neuen Sitze sollen sich auf alle Weltregionen verteilen: zwei für Asien, zwei für Afrika, je einer für Lateinamerika, Ost- und Westeuropa.

"Deutschland hätte sehr gute Chancen, den westeuropäischen Sitz zu bekommen", sagte der deutsche UN-Botschafter Thomas Matussek der Süddeutschen Zeitung. Falls der Reformentwurf angenommen und von den Mitgliedern der Vereinten Nationen ratifiziert würde, müsste die Generalversammlung mit den Vertretern aller 192 Staaten bestimmen, wer die neuen Sitze erhält.

"Die Zeit arbeitet gegen uns"

Bereits im Sommer 2005 hatte Deutschland gemeinsam mit Brasilien, Indien und Japan versucht, eine Reform durchzusetzen, fand letztlich aber keine Mehrheit. Im vergangenen Jahr beschloss die Generalversammlung, dass bis zum Herbst 2008 neue Verhandlungen beginnen sollten. Deutschland hat sich nun zusammen mit einer kleinen Gruppe von Staaten, die verschiedene Regionen und Interessen vertreten, um einen neuen Reformentwurf bemüht.

Einer der Gründe für das deutsche Engagement ist schlicht. "Die Zeit arbeitet gegen uns", sagt Matussek. "Es gibt eine wachsende Meinung bei den UN, wonach der Rat nur um bevölkerungsreiche Länder des Südens wachsen sollte, wie etwa Indien oder Brasilien."

Europa gilt mit zwei Veto-Mächten ohnehin schon als überrepräsentiert. "Auch für uns Deutsche sprechen aber gute Argumente", sagt der deutsche Botschafter, etwa die hohen UN-Beiträge, die Beteiligung an Friedenseinsätzen oder der gute internationale Ruf als Vermittler.

Der neue Entwurf lässt viele strittige Fragen offen und soll so für möglichst viele Staaten als Verhandlungsbasis akzeptabel sein. Deutschland bevorzugt freilich eine möglichst langfristige Option. "Mein Ziel ist ein fester Sitz für zehn oder zwölf Jahre. Anschließend müsste eine Überprüfungskonferenz den endgültigen Zuschnitt des Sicherheitsrates festlegen", sagt Matussek.

Gegen eine solche Lösung werden sich zum Beispiel Italien, Pakistan oder Argentinien stemmen. Schon im Jahr 2005 hatten sie verhindern wollen, dass ihre regionalen Rivalen Deutschland, Indien und Brasilien ständige Sitze bekommen. Gleichzeitig will die Vetomacht China verhindern, dass Japan ständig im Rat vertreten ist. Und die USA befürchten, dass der Rat handlungsunfähig wird, wenn er um mehr als zwei bis drei Mitglieder wächst. Die Reformanhänger hoffen nun auf einen US-Präsidenten der demokratischen Partei, der für eine UN-Reform aufgeschlossener wäre als die jetzige Regierung unter George W. Bush.

© SZ vom 22.03.2008/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: