Staatsfinanzen:Ministerpräsidenten schließen Finanzpakt

Im neuen Länderfinanzausgleich soll gelten: Alle bekommen mehr, der Bund zahlt.

Von Guido Bohsem und Jens Schneider, Berlin

Die Ministerpräsidenten der Länder haben sich auf einen neuen Länderfinanzausgleich verständigt. Der bislang gültige Mechanismus soll nach ihren Vorstellungen abgeschafft werden. Stattdessen plädieren sie für einen Ausgleich, der über die Umsatzsteuer geregelt werden soll. Die Bundesregierung hat dem Vorschlag der Länder aber noch nicht zugestimmt. Sie habe ihn "zur Kenntnis genommen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag. Laut Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sollen die Verhandlungen mit dem Bund jetzt "so schnell wie möglich" aufgenommen werden.

Eine Reform des Finanzausgleichs ist zwingend notwendig, weil der bisherige Mechanismus im Jahr 2019 zusammen mit den Hilfen für den Aufbau Ost endet. Zudem fühlen sich Länder übervorteilt, die in den Finanzausgleich einzahlen müssen. Bayern und Hessen hatten deshalb vor dem Verfassungsgericht gegen die Regelung geklagt.

Würde der nun vereinbarte Vorschlag umgesetzt, hätte jedes Bundesland deutlich mehr Geld zur Verfügung als bisher. Laut der Süddeutschen Zeitung vorliegenden Berechnungen kann Bayern mit einem Plus von 1,32 Milliarden Euro rechnen, was eine Entlastung von 105 Euro pro Einwohner bedeutet. Das Land hatte zuvor für sich immer eine Entlastung von mindestens einer Milliarde Euro reklamiert.

Besonders deutlich würden die Einnahmen in den neuen Bundesländern ansteigen. In Sachsen und in Sachsen-Anhalt etwa um 200 Euro pro Einwohner, in Mecklenburg-Vorpommern um 224 Euro und in Thüringen um 205 Euro. Saarland und Bremen, die unter einer besonders hohen Schuldenlast leiden, erhalten zusätzliche Mittel. Ihre Einnahmen steigen deshalb besonders stark, pro Einwohner um 484 Euro beziehungsweise um 722 Euro.

Finanzieren wollen die Länder den neuen Ausgleich vor allem durch zusätzliches Geld aus dem Bundeshaushalt. Nach ihren Vorstellungen sollen künftig 9,65 Milliarden Euro mehr aus der Bundeskasse fließen und die Überweisungen jährlich steigen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte zuletzt 8,5 Milliarden Euro geboten. Nach Interpretation der Länder handele es sich dabei um die gleiche Summe, nur zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Weil die Steuereinnahmen dynamisch anstiegen, erhöhe sich auch die Summe im Länderfinanzausgleich entsprechend - von derzeit 8,5 Milliarden um rund eine Milliarde Euro bis zum Jahr 2019. Angeblich teilt Schäuble diese Interpretation seines Angebots aber nicht.

Horst Seehofer sagte, das Verhandlungsergebnis sei "ein großer, wie ich meine historischer, Schritt". Der Freistaat Bayern könne damit "sehr zufrieden" sein. Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) lobte die Vereinbarung ebenfalls. "Die Länder haben bei diesem sehr schwierigen Thema ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis gestellt", sagte Kretschmann. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sprach von einem guten Ergebnis für seine Stadt. Berlin könne zufrieden sein.

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