Staatsanwaltschaft:Eine Generalblamage

Der Fall Gysi wird für die Staatsanwaltschaft heikel. Die Anweisung, Gysi anzuklagen, könnte rechtswidrig sein.

Von heribert Prantl

Jeder blamiert sich so gut er kann: Der Fall Gysi gerät zu einer Generalblamage des Hamburger Generalstaatsanwalts Lutz von Selle. Er hat den widerstrebend ermittelnden Staatsanwalt, der den Fall lange, lange recherchiert hat, zuletzt angewiesen, den Politiker Gregor Gysi anzuklagen. Der Staatsanwalt hat sich widersetzt. Das ist unüblich, das ist mutig. Er hält die Anweisung seines Chefs für rechtswidrig. Das könnte bedeuten: Die Weisung ist womöglich gar eine Straftat - die Verfolgung Unschuldiger nämlich.

Der Generalstaatsanwalt ist der Chef, er ist weisungsbefugt. Formal ist er im Recht. Wenn er aber eine falsche, gar eine rechtswidrige Anweisung gibt, bricht ihm dies das Kreuz. Natürlich kann man sich in einer Behörde über die Beurteilung eines Falles streiten. Aber man tut das nicht so, dass die Sache eskaliert und vom Justizsenator entschieden werden muss. Das ist der GAU für einen Generalstaatsanwalt. Das führt dazu, dass man sich über dessen Eignung Gedanken machen muss. Die Anklage Gysis, wenn der Generalstaatsanwalt sie doch noch durchsetzt, steht dann auf hohlem Grund.

Offenbar grassiert in den Staatsanwaltschaften im Norden der Republik ein juristisches Virus: Gegen den Generalstaatsanwalt in Celle wird wegen Geheimnisverrat ermittelt. Dem in Hamburg wird rechtswidrige Weisung vorgeworfen. Man fragt sich nach den Auswahlkriterien, die für Spitzenpositionen der Justiz gelten.

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