Srebrenica:Mutlos und allein

Die Niederlande haben eine Mitverantwortung an dem Massaker, bei dem mehr als 8000 Menschen ermordet wurden.

Von Thomas Kirchner

In Gerichtsverfahren kommt es häufig vor, dass es nur Verlierer gibt. Selten aber kommen so viele negative Gefühle zusammen wie bei der Verhandlung über das Massaker von Srebrenica und die Rolle, die niederländische Blauhelme dabei spielten. Trauer, Schande, Schuld, Vorwürfe in alle Richtungen, nationale Scham: Das ist alles ineinander verwoben, die Richter waren nicht zu beneiden um ihre Entscheidung.

Denn ja, die Truppe um Kommandant Tom Karremans hat es im Juli 1995 ohne Gegenwehr zugelassen, dass Tausende bosnische Muslime von den Schergen der bosnisch-serbischen Armee ermordet wurden. Wenigstens die 350 Männer, die sich auf das Gelände der Blauhelme geflüchtet hatten, hätten diese beschützen statt wegschicken müssen. Sie zeigten keinerlei Heldenmut. Andererseits war das Dutchbat auch auf einer Mission impossible, ohne Unterstützung aus der Luft, schlecht ausgerüstet, alleingelassen in einer furchtbaren Situation. Dafür kann man den niederländischen Staat haftbar machen, urteilte das Berufungsgericht, wenn auch nicht in vollem Ausmaß.

Die klagenden Mütter von Srebrenica hatten mehr gefordert. Ihre Trauer kann der Richterspruch ohnehin nicht mindern. Aber immerhin haben sie im Rechtsstaat eine Instanz gefunden, die sich ihrer gewissenhaft angenommen hat. Die Botschaft lautet: Irgendjemand muss hier die Verantwortung übernehmen.

© SZ vom 28.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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