Srebrenica:Den Kopf weiter senken

Serbiens Premier Vučić wollte zum 20. Jahrestag des Massakers an den Gräbern in Srebrenica gedenken. Doch Bosnier bewarfen ihn mit Flaschen und Steinen. Diese Reaktion zeigt: Die Zeit der kleinen Gesten ist abgelaufen.

Von Nadia Pantel

Aleksandar Vučić, der serbische Premierminister, wollte vor den Gräbern in Srebrenica den Hinterbliebenen sein Mitgefühl zeigen. Doch die bosnischen Demonstranten bewarfen ihn mit Flaschen und Steinen. Vordergründig sieht es so aus, als hätten die bosnischen Muslime ein Friedensangebot ausgeschlagen.

Tatsächlich hat es dieses Friedensangebot nicht gegeben. Vučić sagte im Vorfeld, er wolle "den Kopf senken", vor den unschuldigen Opfern des Krieges. Gleichzeitig hält er keine Rede über Srebrenica, ohne auch stärkeren Respekt für die serbischen Toten einzufordern.

Aus bosnischer Sicht ist er immer noch derselbe Vučić, der während des Bosnienkrieges zum Generalsekretär der Serbischen Radikalen Partei wurde und somit Teil der ultranationalistischen Politik war, die Serbien zur treibenden Kraft dieses Krieges hatte werden lassen. Er ist derselbe Vučić, der sich weigert, die Taten der bosnischen Serben in Srebrenica einen Völkermord zu nennen. Aber genau dieses Wort ist für die Bosniaken entscheidend geworden.

Die Steine vom Wochenende haben gezeigt, dass für Vučić die Zeit der kleinen Gesten abgelaufen ist. Es reicht nicht mehr, dass er Srebrenica als "schreckliches Verbrechen" bezeichnet. Will Vučić tatsächlich eine Aussöhnung, kann er nur eines tun: Den von der bosnisch-serbischen Armee geplanten und durchgeführten Völkermord als solchen anerkennen.

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