Sportpolitik:Der DFB und das B-Wort

Von Boykotten hält der Deutsche Fußballbund wenig. Doch die Sätze von DFB-Chef Reinhard Grindel lassen aufhorchen: Große Turniere sollten "grundsätzlich" nicht an Unterstützer des Terrors vergeben werden. In Katar aber steht die WM 2022 an.

Von Johannes Aumüller

Boykotte bringen nichts, das ist eine der umstrittenen Grundhaltungen des deutschen Sports. Zu beobachten ist das wieder in diesen Tagen. Russland macht sich bereit fürs Fußball-Fest: Im Sommer steigt dort der Confed Cup, in einem Jahr die Weltmeisterschaft. Gründe für ein demonstratives Fernbleiben gäbe es diverse, etwa das völkerrechtswidrige Verhalten Russlands auf der Krim und in Syrien. Doch ein solcher Schritt kommt für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und seinen Präsidenten Reinhard Grindel nicht infrage. Ein Boykott sei "nicht sinnvoll", lautet die Leitlinie.

An Pfingstmontag hat sich der DFB-Chef nun von der verbandseigenen Internetseite zu den aktuellen Entwicklungen um Katar und den möglichen Folgen für die WM 2022 interviewen lassen - und löste damit einigen Wirbel aus. "Es sind noch fünf Jahre bis zum Anpfiff der WM. In dieser Zeit müssen politische Lösungen vor Boykott-Androhungen den Vorrang haben", sagte er. Doch dann gab es noch einen, eher allgemeinen Nachsatz.

"Ganz grundsätzlich", sagte Grindel, "sollte sich die Fußballgemeinschaft weltweit darauf verständigen, dass große Turniere nicht in Ländern gespielt werden können, die aktiv den Terror unterstützen." Dass die Kombination dieser beiden Sätze ausreichte, um den neuerdings auch im Rat des Weltverbandes (Fifa) sitzenden Grindel mancherorts als Befürworteter eines Boykott-Szenarios dastehen zu lassen, dürfte den Verband selbst erschrocken haben.

Ganz unabhängig von den aktuellen politischen Vorgängen gibt es schon seit Jahren Forderungen, dem Emirat das Turnier wieder zu entziehen. Die Vergabe der WM im Dezember 2010 nach Katar umrankt ein hartnäckiger Korruptionsverdacht. Zudem gibt es Kritik an den vielfältigen Verletzungen der Menschenrechte im Land. So kamen auf den WM-Baustellen schon mehrere Hundert Arbeiter ums Leben. Die katarischen Verantwortlichen sicherten mehrmals Besserung zu. Die Fifa konstatierte Fortschritte, Menschenrechtsorganisationen hingegen sehen die Lage weiterhin extrem kritisch.

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