Referendum in Hamburg:Ein Ja zu Olympia würde die Kassen öffnen

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Olympia in Hamburg? Wohl kaum, aber eine Bewerbung brächte dem Sport trotzdem Millionen (Foto: dpa)

Hamburg stimmt über Olympia 2024 ab. Schon die Bewerbung für die Spiele würde dem deutschen Sport Millionen bringen.

Von Johannes Aumüller

Und der Gewinner wird . . . Los Angeles? Paris?? Rom??? Es dauert noch fast zwei Jahre, bis das Internationale Olympische Komitee (IOC) in Lima den Austragungsort für die Sommerspiele 2024 kürt, aber eine Einschätzung treffen viele Insider der Ringe-Familie schon jetzt: Die Chance, dass die Wahl am Ende auf Hamburg fällt, tendiert aus sportpolitischen Gründen gen null. Die Strategen des deutschen Sports geben das öffentlich natürlich nicht zu, aber insgeheim wissen sie es nur zu genau - und letztlich ist es für sie auch gar nicht so entscheidend.

"Dabei sein ist alles", heißt eine Wendung, die zum Fundus allgemeiner olympischer Weisheiten gehört, und in gewisser Weise zählt sie nun auch für die deutschen Bewerber. Eine Niederlage gegen internationale Kaliber wie Los Angeles oder Paris könnten die Funktionäre im Zweifel immer irgendwie erklären. Aber Hamburg muss aus Sicht des deutschen Sports unbedingt im offiziellen Teilnehmerfeld auftauchen. Ein negativer Bürgerentscheid hätte gravierende Folgen für die Zukunft von "Sportdeutschland", wie das im modernen Marketing-Sprech des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) seit ein paar Jahren heißt.

Bewerbung für Hamburg 2024
:Was Sie zum Olympia-Referendum wissen müssen

Welche Mehrheiten sind nötig? Wann gibt es erste Ergebnisse? Und was ist mit Kiel?

Das eine wäre die generelle Botschaft, die von einem Hamburger Nein ausgehen würde. Es wäre der sechste vergebliche Anlauf Deutschlands nacheinander (siehe Kasten) - und nach dem Votum der Bevölkerung zu Winterspielen in München 2022 das zweite Mal binnen kürzester Zeit, dass die Bürger die Spiele ablehnen. Das Signal wäre also: Das Land will die Spiele nicht, nicht im Norden, nicht im Süden, nicht im Sommer, nicht im Winter. Für viele Jahre wäre das Thema Olympia-Bewerbung vorbei, auch für Zeiten, in denen die Chancen Hamburgs oder einer anderen deutschen Stadt für einen Zuschlag international vielleicht größer wären.

Daneben soll die Olympia-Bewerbung auch als Katalysator für eine neue Diskussion über den gesellschaftlichen Stellenwert des Sports abseits der alles dominierenden Fußballszene dienen. Für den Fall, dass Hamburgs Bevölkerung gegen das Projekt stimmt, sieht DOSB-Präsident Alfons Hörmann die Gefahr, dass "die mehr und mehr wahrnehmbare Zweiklassengesellschaft des deutschen Sports" noch weiter zunimmt.

Zudem steht die Olympia-Kandidatur in einem engen Zusammenhang mit einem umfangreichen Umbau des Leistungssportes. Der DOSB und der für den Sport zuständige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) basteln gerade an einer grundlegend neuen Struktur. Politik und Verbände sehen eine Abwärtstendenz in der Nationenwertung bei internationalen Großveranstaltungen und halten die derzeitige Aufstellung für nicht mehr zukunftstauglich.

Mehr Gold für Deutschland soll es sein - auch wenn die Vorgänge in Russland, Kenia und diversen anderen Nationen die Frage aufwerfen, ob angesichts des dichten Manipulationsnetzes mehr Medaillen überhaupt ein wünschenswertes Ziel sind. Schon seit Monaten tagen Arbeitsgruppen, bis zu den Spielen von Rio de Janeiro 2016 soll das Konzept fertig sein. Die Trends zeichnen sich ab: mehr Zentralisierung in den Strukturen, eine stärkere finanzielle Konzentration auf die Disziplinen mit erhöhten Erfolgschancen anstatt der bisher praktizierten breiten Förderung aller Sportarten. Noch mehr Rodeln, noch weniger Wasserball.

Klar ist: Die Reform wird kommen. Klar ist aber auch: Ihre konkrete Ausgestaltung hängt im Wesentlichen davon ab, wie viel Geld der Sport zur Verfügung hat. Er fordert schon seit Längerem mehr Mittel. Aber wenn er das in den vergangenen Jahren formulierte, blieb die Politik eher kühl. Eine Bewerbung für die Olympischen Spiele und die theoretische Option, das Ringe-Ereignis auszutragen, würde die Kassen öffnen - und das für mindestens sechs Jahre bis 2021, wenn das IOC über die Sommerspiele 2028 entscheidet.

"Es ist schwer, eine konkrete Zahl zu benennen, über alle Ebenen und Effekte hinweg würde ich schon von einer Steigerung im deutlich zweistelligen Prozentbereich ausgehen", sagt DOSB-Präsident Alfons Hörmann. Er denkt dabei nicht nur an den Bund, der den Sport mit jährlich 270 Millionen Euro unterstützt. Sondern auch an die Länder und Kommunen oder an die Unterstützung durch Sponsoren oder Lotterien. Geht das Referendum nicht durch, gibt es "wohl leider nicht allzu viel mehr", ahnt Hörmann.

© SZ vom 27.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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