Spitzenkandidatur der Grünen:Da sind es plötzlich 15

An Auswahl mangelt es den Grünen nicht: 15 Bewerber stehen als mögliche Spitzenkandidaten der Partei zur Bundestagswahl 2013 bereit. Die Urwahl hat ausgerechnet die männlichen Kandidaten aus der Basis auf den Plan gerufen - das schmälert die Chancen von Jürgen Trittin.

Michael Bauchmüller, Berlin

Die Grünen haben nun die Wahl, sie haben es so gewollt. Ob sie sich etwa von dem Essener Parteimitglied Thomas Austermann in den Bundestagswahlkampf führen lassen wollen, der "mit grünen pazifistischen Grüßen für einen echten Politikwechsel" für sich wirbt? Oder aber von Friedrich Wilhelm Merck, Jahrgang 1945, der angeblich "unerwartet" eine "neue Art Weltformel" gefunden haben will? Oder vielleicht vom Niederbayern Peter Zimmer, der das "sechste und größte Massenaussterben der Erdgeschichte" zu verhindern trachtet? Die Urwahl wird es in den nächsten Wochen zeigen.

Laenderrat der Gruenen

Die demokratische Abstimmung gehört zum Selbstverständnis der Grünen dazu. Nun wollen sie aus 15 Bewerbern zwei Spitzenkandidaten wählen: eine Frau und einen Mann. Foto: Renate Künast und Jürgen Trittin bei einer Abstimmung des Länderrats der Grünen am 2. September 2012.

(Foto: dapd)

Bis in den späten Montagabend hinein hatte das Urwahl-Team der Partei die Bewerbungen gesichtet, der formalen Kriterien wegen. Am Ende blieben von 16 Bewerbern 15 Kandidaten übrig, ein ziemlich bunter Haufen. Teils motiviert durch schreiendes Unrecht, das es zu bekämpfen gelte, teils durch den Wunsch, die bisherige Spitze zu verjüngen oder jedenfalls zu verändern.

Unter den 15 Bewerbern finden sich nur drei Frauen

"In den dreißig Jahren haben sich die grünen Volksvertreter zu oft an dem ,Machbaren' orientiert, obwohl es in den drängenden Fragen keine Kompromisse geben darf", schreibt etwa der Münchner Kandidaten-Kandidat Alfred Mayer, der einen 23 Punkte langen Forderungskatalog gleich mitliefert. Solche Kritik findet sich oft in den Bewerbungsschreiben der Basis-Kandidaten - übrigens allesamt Männer.

Unter den 15 Bewerbern finden sich damit nur drei Frauen: Parteichefin Claudia Roth, Fraktionschefin Renate Künast und Bundestags-Vizepräsidentin Kathrin Göring-Eckardt. Jede der drei hat derzeit beste Chancen, in das Spitzenduo aufzusteigen, ein Platz ist fest für eine Frau reserviert.

Favorit für den zweiten Posten ist Fraktionschef Jürgen Trittin - allerdings muss er nun mit elf anderen männlichen Bewerbern konkurrieren - das kann wertvolle Stimmen kosten. Haben nämlich am Ende zwei Frauen mehr Stimmen als Trittin, werden diese beiden auch die Spitzenkandidatinnen. Und just der Parteilinke Trittin, den selbst der Realo-Flügel noch im März zum alleinigen Spitzenkandidaten küren wollte, wäre plötzlich aus dem Rennen.

Im November soll das erste Ergebnis feststehen

In so genannten Urwahlforen sollen sich die Kandidaten nun in den nächsten sechs Wochen den fast 60.000 Parteimitgliedern vorstellen; das erste findet schon Freitagabend in Hannover statt. Vier dieser Veranstaltungen sollen zudem per Internet übertragen werden - für jene Mitglieder, die nicht selber anreisen können.

Mindestens elf Mal sollen die Kandidaten bis Ende Oktober in allen Teilen der Republik zusammenkommen. Bis Ende Oktober müssen die Grünen ihre Wahl getroffen haben, am 9. November spätestens soll das Ergebnis feststehen - eine Woche vor dem Bundesparteitag in Hannover.

Es ist das erste Mal, dass eine Partei per Urwahl ihren Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl bestimmt. Zuvor waren alle Versuche, im Einvernehmen eine Besetzung zu finden, gescheitert. Neben den vier Kandidaten aus der Parteispitze hatten sich zunächst die Mitglieder Patrick Held, Markus Meister, Franz Spitzenberger und Werner Winkler beworben. Hinzugekommen sind nun neben den Herren Austermann, Bayer, Merck und Zimmer noch die Bewerber Nico Hybbeneth, Roger Kuchenreuther und Hans-Jörg Schaller.

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