Spionage-Prozess:Der CIA-Spitzel beim BND

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Bei der CIA "konnte man sich beweisen": Markus R., Ex-BND-Mitarbeiter, ist wegen Spionage angeklagt. (Foto: Michael Dalder/dpa)
  • Ein Ex-Mitarbeiter des BND gibt vor Gericht zu, die Behörde für den US-Geheimdienst auspioniert zu haben.
  • Als Motiv gab er vor dem Oberlandesgericht München an, er sei bei seiner Arbeit in der BND-Poststelle unterfordert gewesen.
  • Für die Weitergabe dienstlicher Dokumente und interner Informationen soll er mindestens 95.000 Euro erhalten haben.

Von Hans Holzhaider

München - Wenn es einen guten Spion auszeichnet, dass er eine unauffällige Erscheinung hat, dann wäre Markus R., 32, geradezu ein idealer Spion. Mittelgroß, schlank, ein ebenmäßiges Gesicht, abgesehen von der etwas spitzen Nase, braunes, schön gewelltes Haar, und im Umgang mit Menschen, wie er von sich selbst sagt, etwas gehemmt.

Markus R. arbeitete zwar für den Bundesnachrichtendienst (BND), aber als Spion kann man ihn kaum bezeichnen, jedenfalls nicht in seiner dienstlichen Eigenschaft. Er war in der Registratur der Abteilung EA (Einsatzgebiete Auslandsbeziehungen) tätig; dort verwaltete er die Post. Er war zum Umgang mit Verschlusssachen bis zum Geheimhaltungsgrad "streng geheim" befugt.

Sechseinhalb Jahre lang, von Januar 2008 bis Juli 2014, soll Markus R. dienstliche Dokumente und interne Informationen an den amerikanischen Geheimdienst CIA weitergegeben haben. Mindestens 95 000 Euro soll er dafür als Agentenlohn erhalten haben. Die Sache flog auf, als er sich Ende Mai 2014 - per E-Mail an das russische Generalkonsulat in München - auch dem russischen Auslandsnachrichtendienst SWR als Informant andiente. Vier Wochen später wurde er festgenommen, am Montag wurde vor dem 8. Strafsenat des Oberlandesgerichts München der Prozess gegen ihn eröffnet.

Bei der CIA "konnte man sich beweisen"

Dass Markus R. beim BND landete, war Zufall. Er war bis dahin nicht besonders erfolgreich im Berufsleben. Von Kind an hatte er, möglicherweise als Folge eines Impfschadens, mit einer körperlichen Behinderung zu kämpfen, die sich in Gleichgewichtsstörungen, zitternden Händen und einem leichten Sprachfehler äußert. Nach dem Abschluss der Realschule machte er eine Lehre als Bürokaufmann, dann war er lange arbeitslos. Mal kam er bei einer ABM-Maßnahme in einem Stadtarchiv unter, mal absolvierte er ein Fernstudium als Flash-Entwickler. Er schrieb viele Bewerbungen, quer durch Deutschland, bei Behörden, bei der Polizei, bei Versicherungen, bei BMW und Siemens. Und schließlich auch beim BND. Dort fand er endlich eine Anstellung.

Glücklich wurde er dort nicht. Zuerst musste er in der Personalabteilung Bewerbungen sortieren, "da gab es wenigstens noch was zu tun", sagt er. Aber danach, in der Abteilung EA, "da habe ich vielleicht noch zwei bis drei Stunden am Tag gearbeitet". Der Rest: "Zeitung lesen, Kaffee trinken, ratschen." Viele Male bat er um eine Stelle in der Abteilung TEU (Technischer Einsatz Unterstützung), immer habe man ihn vertröstet. "Das hat mich schon frustriert", sagt Markus R. "Beim BND hat man mir einfach nichts zugetraut."

Ganz anders die Kollegen aus den USA, mit denen Markus R. schon wenige Wochen nach seinem Dienstantritt beim BND in Kontakt kam. "Da hat man nicht nach dem Schulabschluss gefragt", sagt der Angeklagte, "da konnte man sich beweisen. Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, das hätte mir nicht gefallen." Für den Prozess sind 24 Verhandlungstage bis März 2016 angesetzt.

© SZ vom 17.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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