Debatte über große Koalition:SPD-Chef Gabriel bremst die Neinsager

In der SPD wächst der Widerstand gegen eine Koalition mit der Union. Parteichef Gabriel mahnt zur Geschlossenheit: Dem Parteikonvent am Freitag solle nicht durch öffentliche Debatten vorgegriffen werden. Der CDU-Wirtschaftsrat kritisiert Finanzminister Schäuble.

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Am Freitag ruft die SPD zum Parteikonvent, doch bereits jetzt gibt es nur ein Thema: Die Bedingungen für eine große Koalition mit der Union. Parteichef Gabriel warnt vor vorschnellen öffentlichen Debatten. Die CDU wiederum sendet nun deutliche Signale, eine zentrale Forderung von Sozialdemokraten oder Grünen zu erfüllen.

  • Gabriel mahnt Parteifreunde: Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel ruft seine Partei angesichts der Debatten über eine große Koalition zur Geschlossenheit auf. Gabriel habe vor der Fraktion appelliert, dem Parteikonvent am Freitag nicht durch öffentliche Debatten vorzugreifen, berichten Teilnehmer der Sitzung. Auch die sächsische SPD sprach sich inzwischen klar gegen ein Bündnis mit CDU/CSU im Bund aus. Zuvor hatten sich bereits mehrere andere Landesverbände - darunter der mitgliederstärkste aus Nordrhein-Westfalen - gegen diese Option ausgesprochen. Auf dem Parteikonvent könnte die SPD auch eine Mitgliederbefragung zur Koalitionsfrage beschließen.​​​​
  • Kahrs stellt Bedingungen: Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises der SPD zählt umfangreiche Forderungen auf, mit denen die Partei in mögliche Gespräche mit der Union gehen würde: "Wenn mit uns, dann nur fifty-fifty, sowohl die Themen als auch das Personal betreffend", sagte er. Unverzichtbar für die SPD seien erstens der Bereich Mindestlohn, Kurzarbeit und Werksverträge, zweitens bezahlbares Wohnen und Mietpreisbremse, drittens die Öffnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften für Ehe und Adoption und viertens die doppelte Staatsbürgerschaft. Kahrs sieht aber nach wie vor eher die Grünen am Zug.​​​
  • Schäuble offen für Steuererhöhungen: Finanzminister Wolfgang Schäuble will nicht ausschließen, dass die nächste Regierung die Steuern erhöht. "Wir sollten jetzt schauen, wie die Gespräche laufen", sagte er der Zeit. Er sei jedoch "persönlich der Meinung, dass der Staat keine zusätzlichen Einnahmequellen benötige. Ähnlich äußerte sich der nordrhein-westfälische CDU-Chef Armin Laschet. Er sagte der Welt zur Steuerfrage: "Man weiß in der Tat nicht, was aus den Koalitionsverhandlungen herauskommt." Höhere Steuern sind eine zentrale Forderung von SPD und Grünen. Beide Politiker plädieren dafür, auch das Gespräch mit den Grünen zu suchen.
  • CDU-Wirtschaftsrat kritisiert Schäuble: Der Wirtschaftsrat der Union reagiert prompt auf Schäubles Aussagen: "Drei Tage nach dem eindrucksvollen Wahlsieg der Unionsparteien über Zugeständnisse bei möglichen Koalitionsverhandlungen zu spekulieren, verbietet sich", sagt der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger. Erst recht passe "vorschnelles Philosophieren über Steuererhöhungen" nicht in eine Zeit hoher Staatseinnahmen.
  • Kretschmann sauer auf eigene Partei: Baden-Württembergs Ministerpräsident schimpft über den Wahlkampf der Grünen. "Nehmen wir den 'Veggie-Day'. Da wird eine Bevormundung auch noch mit einem Anglizismus ausgedrückt und zugleich infantilisiert. Mit so etwas geht man den Leuten auf die Nerven", sagt Kretschmann in der Zeit.
  • Kubicki kritisiert Fixierung der FDP auf die Union: In einem Interview mit dem Stern hat der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki die Zweitstimmenkampagne seiner Partei kurz vor der Wahl heftig kritisiert. Die FDP sei damit "am Rande ihrer Selbstachtung" gewesen. Man gewinne Wahlen nur, indem man sich vom Koalitionspartner abgrenze. "Ich habe immer gesagt: Wir müssen keine Rücksicht auf den Koalitionspartner nehmen, der nimmt auch keine Rücksicht auf uns", so Kubicki.
  • Linke für Mindestlohn-Vorstoß: Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping bringt einen Gesetzentwurf vor der Regierungsbildung ins Spiel. Der Mitteldeutschen Zeitung sagte sie: "Ich prognostiziere, dass es lange bis zur Bildung einer Regierung dauern wird." Es gehe nun darum, dieses Zeitfenster zu nutzen, um einen flächendeckenden Mindestlohn einzuführen - mit rot-rot-grüner Mehrheit. Kipping kündigte eine baldige Initiative an. Denkbar wäre ein Modell wie in Großbritannien, wo der Mindestlohn von einer Kommission der Sozialpartner festgesetzt werde.
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