Spekulationen um Neuwahlen:Italiens Duo im Niedergang

Sollten Berlusconi und sein Koalitionspartner Bossi tatsächlich Neuwahlen beschlossen haben, dann müssen sie den Deal schleunigst öffentlich machen. Die Erleichterung über das Ende ihrer Regierung wäre vermutlich sofort auf den Finanzmärkten zu spüren. Denn die Koalition der beiden alten Männer ist längst hoffnungslos.

Andrea Bachstein, Rom

Vielleicht hätte er in Brüssel am meisten Freude bereitet, wenn er sein Rück- trittsschreiben gleich mitgebracht hätte. Aber was immer Italiens Premier Silvio Berlusconi stattdessen an Sparvorschlägen aufgeschrieben hat: Man kann schon fast bewundern, dass er sich überhaupt wieder auf den EU-Gipfel getraut hat. Erst musste er praktisch dazu geprügelt werden, einen Sparplan auf den Tisch zu legen, und dann war die Vorstellung zu Hause wieder einmal trostlos: Während die EU mit aller Kraft versucht, den Euro am Leben zu erhalten, haben in Italien zwei alte Männer über die längst überfällige Rentenreform gestritten.

Nach italienischen Medienberichten soll Silvio Berlusconi (l.) seinem Koalitionspartner Umberto Bossi heimlich Neuwahlen versprochen haben. Im Gegenzug dazu soll ihm Bossi die Zustimmung seiner Partei zur  Rentenreform zugesagt haben. (Foto: REUTERS)

Die Koalition zwischen Berlusconi und Lega-Nord-Chef Umberto Bossi ist längst ein hoffnungsloser Fall. Meist legt sich Bossi quer, wie auch jetzt. Erst kürzlich hat er wieder davon gesprochen, Norditalien abzuspalten. In unverantwortlicher Weise versucht er, kleinteilige Interessen durchzusetzen, egal um welchen Preis für Italien und Europa.

Der ständige Zwist zwischen dem angeschlagenen Duo lähmt die Regierung. Was sie letztlich am Bruch hindert, ist der Wunsch nach dem Machterhalt. Bossi wie Berlusconi stehen vor dem Ende ihrer politischen Karriere und wollen ihr Lebenswerk retten. Für ein dringend reformbedürftiges Land mit einem Staatsdefizit von 120 Prozent bringen sie keine Führungskraft mehr auf.

Sollte es wahr sein, dass sie heimlich vorzeitige Wahlen für das Frühjahr beschlossen haben, dann müssen sie den Deal schleunigst öffentlich machen und auch gleich den Verzicht auf ihre Kandidaturen erklären. Die Erleichterung über das Ende einer unerträglichen Regierung wäre vermutlich als Erstes auf den Finanzmärkten zu spüren.

© SZ vom 27.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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