Spekulationen um den Finanzminister:Schäuble und die Schlaumeier

Nur Wolfgang Schäuble selbst kann jetzt beurteilen, ob er sich zu viel zumutet. Dafür braucht er Zeit. Diese Zeit muss ihm gegeben werden - ohne jede Begleitmusik durch geschwätzige Bundestagshinterbänkler oder sonstige Schlaumeier.

Claus Hulverscheidt

Wolfgang Schäubles Lebensleistung verdient die Achtung aller in diesem Land. Allein sein schweres Schicksal, nach einem politisch motivierten Attentat für immer gelähmt zu sein, verbietet jedes Schwadronieren darüber, ob der Minister nach seinem erneuten krankheitsbedingten Ausfall als Regierungsmitglied noch tragbar ist oder nicht.

Schaeuble soll vor Klinikaufenthalt Ruecktritt angeboten haben

Wolfgang Schäubles Lebensleistung verdient die Achtung aller in diesem Land.

(Foto: dapd)

Das bedeutet nicht, dass Schäubles gesundheitliche Probleme verschwiegen werden müssten, dass Kritik an seinen politischen Entscheidungen verboten wäre oder dass sich die Kanzlerin keine Gedanken darüber machen sollte, wie lange ihre Regierung ohne Finanzminister auskommen kann.

Im Gegenteil: Schäuble selbst hat von Freunden, Gegnern und Weggefährten immer verlangt, an seiner Arbeit gemessen zu werden - und nicht daran, wie er mit den Folgen des Attentats von vor 20 Jahren umgeht. Respekt bedeutet vielmehr, dass bei allen Diskussionen niemals der Mensch Wolfgang Schäuble aus dem Blickfeld geraten darf.

68 Jahre ist der Christdemokrat mittlerweile alt, beinahe ein Drittel seines Lebens hat er im Rollstuhl verbracht. Glaubt man Menschen, die etwas davon verstehen, dann signalisiert sein geschundener Körper in immer kürzeren Abständen, dass er sich womöglich zu viel zumutet. Ob dem so ist, kann nur Schäuble selbst beurteilen, niemand sonst.

Dafür braucht er Zeit. Zeit, um in sich hineinzuhorchen und sich selbst zu prüfen. Diese Zeit muss Wolfgang Schäuble nun gegeben werden - ohne jede Begleitmusik durch geschwätzige Bundestagshinterbänkler oder sonstige Schlaumeier, wie sie seit dem vergangenen Wochenende zu hören sind. Das ist das Mindestmaß an Ehrerbietung, das dieses Land ihm schuldet.

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