SPD: Wahlkampf mit Schröder:Noch immer kein graues Haar

Altkanzler Schröder zeigt sich bei einer SPD-Wahlkampfveranstaltung fit wie eh und je - seine Partei scheut den Vergleich mit Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier.

Susanne Höll

In der Bundespolitik macht sich Gerhard Schröder seit dem Ende seiner Kanzlerschaft 2005 rar. Manchmal redet er zu internationalen Themen, kaum aber über die SPD. Deshalb ist sein Auftritt in der Gebläsehalle der früheren Ilseder Hütte in der Nähe von Peine ein Novum. Denn der Altkanzler, den man so nicht nennen soll, weil er die Bezeichnung hasst, absolviert dort eine Wahlkampfveranstaltung, die man ebenfalls so nicht nennen soll.

SPD: Wahlkampf mit Schröder: Der Mann, der nicht "Altbundeskanzler" sein will: Gerhard Schröder macht Wahlkampf für die SPD. Den Vergleich mit Kanzlerkandidat Steinmeier scheut die Partei.

Der Mann, der nicht "Altbundeskanzler" sein will: Gerhard Schröder macht Wahlkampf für die SPD. Den Vergleich mit Kanzlerkandidat Steinmeier scheut die Partei.

(Foto: Foto: dpa)

Offiziell hat die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung zu einem Vortrag des "früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten und Bundeskanzlers" über "Industriepolitik für Deutschland" geladen, unter Mitwirkung des SPD-Generalsekretärs Hubertus Heil, der in Peine seinen Bundestagswahlkreis hat. Fünfhundert Leute, überwiegend Senioren, sind trotz schwüler Hitze in die Backsteinhalle gekommen.

Nicht ganz die Rampensau

Sie interessierten sich offenkundig für Schröder und nicht so sehr für die Industriepolitik. Und sie erleben einen gutgelaunten Mann, der ein paar Minuten braucht, um zu altbekannter Form aufzulaufen - und dann das Publikum erfreut.

Nach einem kurzen Exkurs über die Weltwirtschaftskrise wandelt sich der Staatsmann Schröder zum Wahlkämpfer, wenn auch nicht zu jener Rampensau, als die er einst geschätzt und gefürchtet wurde. Dass der Staat Unternehmen und Industrie natürlich helfen müsse, sagt er, dass die SPD in schwierigen Zeiten schon immer den Karren aus dem Dreck habe ziehen müssen und führt als Beispiel die von ihm als Ministerpräsident organisierte staatliche Übernahme der Salzgitter AG an.

Der Baron aus Bayern

An der Politik der Union lässt er, mit einer Ausnahme, kein gutes Haar, stichelt und ist ein wenig boshaft. Als Juso-Chef habe er seinerzeit für die Verstaatlichung und für die freie Liebe gekämpft. "Damals hätten wir uns nicht vorstellen können, dass eine CDU-Vorsitzende die Banken verstaatlicht und ein CSU-Chef die freie Liebe engagiert", sagt er mit Blick auf Angela Merkel und Horst Seehofer. Lachen im Saal.

Und der neue Wirtschaftsminister Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg von der CSU. "Wenn dieser, äh, Graf ist er ja wohl nicht, dieser Baron aus Bayern ..." Lachen im Saal. Man erinnert sich an den Wahlkampf 2005, als der um seine Wiederwahl kämpfende Kanzler Schröder den Juristen und CDU-Schattenminister Paul Kirchhoff stets als "Professor als Heidelberg" bezeichnet hatte.

Das Publikum lauscht dem Holzen

Gemessen an seinen eigenen Maßstäben holzt Schröder an diesem Abend nicht. Aber er probiert aus, ob es ihm noch Freude macht, das öffentliche politische Holzen. Das Publikum lauscht konzentriert, kommentiert zwischendurch sein Aussehen ("immer noch keine grauen Haare") und hört zu, wie er auch die eigenen Leute ein wenig rügt. Mit der Schelte an Managern sollte man vorsichtiger umgehen, meint Schröder, 90 Prozent machten gute Arbeit. Ebenso der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff mit seinem Engagement für den Staatseinfluss beim Autokonzern VW.

Sehr viele solcher Auftritte wird es bis zur Wahl am 27. September nicht geben. Für den einen oder anderen Minister aus seinem früheren Kabinett will Schröder werben, Bierzelttermine und sonstige Tamtam-Veranstaltungen soll es aber nicht geben. Wohl auch deshalb, weil man dann vergleichen würde, wer unterhaltsamer Wahlkampf macht - Schröder oder der SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier.

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