SPD: Wahlkampf:Merkel, Münte und der kalkulierte Krawall

Angela Merkel setzt auf Ruhe im Wahlkampf. Unentwegt versucht die SPD, die Kanzlerin aus der Reserve zu locken - und schlägt deshalb immer aggressivere Töne an.

Der Termin für die Bundestagswahl rückt näher, die Attacken der politischen Gegner nehmen zu und werden schärfer. Wahlkampf-Empörung allerorten.

SPD: Wahlkampf: Immer heftigere Attacken:  SPD-Parteichef Franz Müntefering greift Bundeskanzlerin Angela Merkel an.

Immer heftigere Attacken: SPD-Parteichef Franz Müntefering greift Bundeskanzlerin Angela Merkel an.

(Foto: Foto: dpa)

Zum Beispiel SPD-Parteichef Franz Müntefering: Der greift Angela Merkel erneut direkt an und bekräftigte seinen Vorwurf, der Kanzlerin sei die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit egal. Die CDU-Vorsitzende habe das Vorhaben von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier unredlich genannt, alles für die Schaffung von vier Millionen Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2020 zu tun, sagte Müntefering in Berlin.

"Wer so auf eine politische Intention reagiert, wie sie es getan hat, der ist da nicht glaubwürdig", sagte der SPD-Chef. "Und dem ist vor allen Dingen egal, wie hoch die Arbeitslosigkeit dann letztendlich sein wird."

Über die Reaktion Merkels auf den Deutschland-Plan von Steinmeier hat sich Müntefering nach eigenen Worten sehr geärgert. Im Mittelpunkt der Politik müsse die Beschäftigung stehen. Merkel werde sich im Wahlkampf der Thematik nicht entziehen können. "Ich bin da nicht prinzipiell dabei, sie zu attackieren", sagte Müntefering. "Aber da, wo sie sich in solcher Weise mutlos und auch unverschämt verhält zu solchen Dingen, dann muss das auch deutlich gesagt werden."

Müntefering betonte, gerade im Wahlkampf müssten die Parteien ihre Zukunftskonzepte deutlich machen. Das habe Steinmeier getan und sei bewusst angeeckt. Schließlich könne ein Land nicht "über Sozialtransfer ruhig gestellt" werden. Wichtig sei, dass die Politik Antworten auf das Problem der Massenarbeitslosigkeit gebe. Merkel verweigere sich dem und rede nur abstrakt von Vollbeschäftigung. Das sei "ein bisschen dünn" und zeige, dass sie nicht an Lösungen interessiert sei.

Zugleich äußerte sich Müntefering optimistisch zu den Wahlchancen seiner Partei. "Ich verzweifle überhaupt nicht", sagte er.

"Kein Diffamieren und Schlechtreden"

Die SPD liegt in Umfragen deutlich hinter der Union und versucht seit geraumer Zeit, die Kanzlerin stärker in den Wahlkampf hineinzuziehen. Mit seiner Attacke auf die CDU-Chefin verschärfte Müntefering allerdings den Ton.

Aus der CDU trug ihm das den Vorwurf ein, er wolle Merkel schlechtmachen. "Wir verstehen unter Wahlkampf nicht das Diffamieren und notorische Schlechtreden des politischen Gegners", sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. Er warf SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier erneut vor, mit seinem "Deutschland-Plan" von der CDU abgeschrieben zu haben. Die Christdemokraten wollen kein weiteres Programm vor der Bundestagswahl am 27. September vorlegen. "Wir haben keinen Nachbesserungsbedarf", sagte Pofalla.

CDU-Vizeparteichef und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers sagte: "Also mit der SPD muss es verdammt schlecht stehen, wenn man so anfängt, um sich zu schlagen. Mein Eindruck ist, der Müntefering ist hypernervös und weiß nicht mehr weiter."

"Wenn man sieht, dass Angela Merkel seit Jahren das Thema Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in den Mittelpunkt rückt, dann ist das doch relativ armselig", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff vor der Präsidiumssitzung. "Das ist der ziemlich untaugliche Versuch, darüber wegzukommen, dass Steinmeier im Moment die Kurve nicht kriegt."

Unions-Fraktionschef Volker Kauder sprach von einem Ausruf der Verzweiflung: "Die Bundeskanzlerin kümmert sich natürlich um die Arbeitslosen in unserem Land."

Warnende Worte kamen auch vom Steinmeier-Berater Thomas Steg. "Von Herabsetzungen und Verunglimpfungen kann ich nur dringend abraten", sagte der langjährige Vizeregierungssprecher, der im Juli in den Wahlkampfstab von Steinmeier gewechselt war, dem Magazin Cicero laut Vorabbericht.

Wenn Merkel angegriffen werde, "dann solidarisieren sich die Wähler und speziell die Wählerinnen mit ihr". Polemik um der Polemik willen werde es zwischen Merkel und Steinmeier nicht geben. Persönliche Verletzungen entsprächen nicht ihrem Stil. "Dies würde dem Image der beiden, die als ruhig, besonnen und nachdenklich gelten, widersprechen", zitierte das Magazin den Medienexperten Steg.

Der Steinmeier-Berater stellte aber klar, dass sich seine Warnung nicht an Müntefering gerichtet habe. "Das Interview ist vor zwei Wochen geführt worden", sagte Steg auf Anfrage. "Mit der Veröffentlichung jetzt wollen die den Eindruck erwecken, das sei auf Müntefering gemünzt. Das ist nicht der Fall."

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