SPD:100 Prozent für Martin Schulz

Der neue SPD-Chef zieht mit dem besten Ergebnis der Nachkriegsgeschichte in den Wahlkampf. Auf dem Parteitag fordert der Kanzlerkandidat hohe Investitionen des Bundes für die Bildung.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Die SPD hat Martin Schulz mit einem Rekordergebnis zum Parteivorsitzenden gewählt. Beim außerordentlichen Bundesparteitag in Berlin erhielt der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments am Sonntag 100 Prozent der gültigen Stimmen und damit das beste SPD-Ergebnis der Nachkriegsgeschichte. Zudem kürten die Delegierten Schulz per Akklamation nun auch offiziell zum Kanzlerkandidaten.

Beim Parteitag wurde damit vollzogen, was seit Ende Januar bereits feststand. Damals kündigte der bisherige Parteichef Sigmar Gabriel seinen Rückzug an und schlug Schulz an seiner Stelle zum Kanzlerkandidaten vor. Seither sind die Umfragewerte der SPD regelrecht nach oben geschnellt, sowohl im Bund als auch in jenen Ländern, in denen bald gewählt wird. Im Saarland etwa, wo die Bürger in einer Woche über den neuen Landtag abstimmen, lagen die Sozialdemokraten zuletzt beinahe gleichauf mit der CDU. Beim Parteitag stand allerdings nicht nur Schulz' Wahl an, sondern auch der Abschied von Gabriel.

Der scheidende SPD-Vorsitzende erinnerte die Partei daran, dass er es ihr "nicht leicht gemacht" habe - allerdings habe dies umgekehrt zuweilen auch gegolten. Gabriel erinnerte in diesem Zusammenhang etwa an die teilweise hart geführte innerparteiliche Auseinandersetzung über den Freihandel, an deren Ende er der SPD eine Zustimmung zum europäisch-kanadischen Abkommen Ceta abgetrotzt hatte. Bei seiner letzten Wiederwahl zum Parteivorsitzenden Ende 2015 hatte Gabriel lediglich 74,3 Prozent der Stimmen erhalten.

Seinen Verzicht begründete er wie in den vergangenen Wochen damit, dass er für die große Koalition stehe, die von den Bürgern nicht mehr gewollt sei. Schulz stehe für etwas Neues. "Der Aufbruch der SPD hat einen neuen Namen, und der heißt Martin Schulz", rief Gabriel den Delegierten zu. "Du tust der Partei gut, aber vor allem tust du den Menschen im Land gut."

Schulz dankte Gabriel für dessen Verzicht, der eine große politische wie menschliche Leistung darstelle. Er selbst setzte dann in seiner Rede die Schwerpunkte, mit denen er bereits zuletzt aufgetreten war. Etwas konkreter wurde er beim Themenkomplex Bildung, Betreuung und Familie. Hier stellte er gebührenfreie Bildung in Aussicht, von der Kita bis an die Hochschule, wobei er auch Meister- und Berufsausbildungskurse einbezog. Schulz forderte einen Rechtsanspruch auf Ganztagsschulplätze und finanzielles Engagement des Bundes sowohl bei der Schulsozialarbeit als auch bei der Sanierung von Schulgebäuden. Zudem kündigte er an, dass Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig demnächst ein Konzept für eine Familienarbeitszeit vorstellen werde - über das Schwesig allerdings in der Vergangenheit schon häufiger gesprochen hat, zum Teil auch bereits konkret.

Sein Wahlergebnis nannte Schulz einen "Auftrag zur Eroberung des Kanzleramts". Ein weiterer Parteitag soll Ende Juni das Wahlprogramm verabschieden. Bis dahin will Schulz weitere inhaltliche Elemente präsentieren. Zuletzt hatte er vorgeschlagen, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes zu verlängern, indem es an Qualifizierung gekoppelt wird.

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