SPD-Programm:Hanseatischer Denkanstoß

Für ihr Programm zur Bundestagswahl befasst sich die SPD mit der Familienpolitik - dabei nutzt sie die positiven Erfahrungen von Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz, dessen Wort als Parteivize Gewicht hat.

Rund ein Jahr vor der Bundestagswahl hat die SPD ihre Programmkonferenz-Reihe mit dem Thema Familie abgeschlossen. "Uns ist es wichtig, gute Familienpolitik zu machen, im Bund, in den Ländern", sagte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig am Samstag in Hamburg. Dazu gehörten etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gute Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und Hilfen für Eltern. Zur Konferenz waren Sozialdemokraten aus ganz Deutschland angereist, der als Hauptredner vorgesehene Parteichef Sigmar Gabriel hatte jedoch kurzfristig abgesagt.

In der Bild am Sonntag schaltete sich Gabriel aber in die Familiendebatte ein und wies die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble geplante Erhöhung des Kindergeldes um zwei Euro zurück. "Da muss man aufpassen, dass man sich nicht lächerlich macht", sagte er der Zeitung. Der Vizekanzler forderte stattdessen eine gezieltere Entlastung von Familien: "Den Menschen wäre mehr geholfen, wenn überall die Kita-Gebühren abgeschafft werden würden. Wir brauchen bundesweit gebührenfreie Kitas. Da ist auch der Bund in der Pflicht." Die Pläne Schäubles hatte Schwesig bereits zuvor kritisiert. Sie bezeichnete die Erhöhung als "tröpfchenweise". Die Familien würden sich fragen, ob die Politik eigentlich wisse, wie teuer das Leben mit Kindern sei.

Hamburgs Bürgermeister und SPD-Bundesvize Olaf Scholz hatte auf der Tagung auf gebührenfreie Kitas und Universitäten sowie flächendeckende Ganztagsangebote in der Hansestadt verwiesen. Schwesig sagte dazu: "Wir wollen viel von dem, was hier in Hamburg gut läuft, gerne für ganz Deutschland."

Auf der Prioritätenliste ganz vorne stehe die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, so Schwesig

Auch mit Blick auf den am Montag in Wolfsburg geplanten Parteikonvent zum umstrittenen Freihandelsabkommen der EU mit Kanada erklärte Schwesig: "Wir sind die Partei, die nicht wirtschaftliche Stabilität und soziale Gerechtigkeit und ökologische Vernunft als Gegensätze sieht, sondern immer wieder versucht zusammenzuführen." "Familien erwarten, dass Politik ihre Realitäten ernst nimmt", sagte Schwesig. Das wolle die SPD mit einem Dreiklang aus Zeit, Geld und Infrastruktur machen.

Auf der Prioritätenliste ganz vorne stehe dabei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sagte Schwesig. Dazu zählten auch finanzielle Hilfen bei der Betreuung der Kinder. "Ich finde, da, wo es die Länder noch nicht ganz alleine packen, ist es durchaus möglich, dass auch die Mittel des Bundes dafür genutzt werden." Nach Ansicht der Familienministerin muss das Steuerrecht mehr an Kinder und weniger am Trauschein ausgerichtet werden. Gleichzeitig müssten Alleinerziehende mehr entlastet werden. Bereits am Donnerstag hatte Schwesig einen Rechtsanspruch auf Schuldkindbetreuung am Nachmittag gefordert. Familienpolitik müsse dem Lebensalltag von Menschen gerecht werden, sagte sie. Es gebe eine große Betreuungslücke, sobald Kinder in die Schule kämen.

Schwesig sagte, zudem müsse der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende, deren Partner nicht zahlen, ausgeweitet werden. Statt maximal sechs Jahre müsse er unbegrenzt und auch nicht nur für Kinder bis zum 12., sondern bis zum 18. Lebensjahr gewährt werden. Zahlungsunwillige Partner müssten härter angegangen werden. "Deshalb die Diskussion über den Führerscheinentzug", sagte Schwesig.

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