SPD-Parteitag:Schulz greift Merkel scharf an

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Der Kanzlerkandidat wirft der Regierungschefin einen "Anschlag auf die Demokratie" vor - sie wolle die Menschen vom Wählen abhalten.

Von Christoph Hickmann, Dortmund

Start zur Aufholjagd? Martin Schulz beim Parteitag der SPD, die ihr "Regierungsprogramm" einstimmig verabschiedet. (Foto: Wolfgang Rattay/Reuters)

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) drei Monate vor der Bundestagswahl einen "Anschlag auf die Demokratie" vorgeworfen. Beim Bundesparteitag der Sozialdemokraten in Dortmund warf Schulz der Kanzlerin vor, sie verfolge wie in den Wahlkämpfen 2009 und 2013 eine Strategie der "asymmetrischen Demobilisierung", wolle also gezielt Wähler vom Wählen abhalten, indem sie möglichst wenig konkrete Aussagen mache. Die SPD hingegen mache zahlreiche Vorschläge.

Die SPD verabschiedete bei dem eintägigen Parteitag in Dortmund ohne Gegenstimmen ihr "Regierungsprogramm". Konflikte bei den Themen Steuern und Rente hatte der Parteivorstand bereits vor Beginn des Treffens beigelegt. Der linke Parteiflügel hatte sich dafür eingesetzt, eine Vermögensteuer als Ziel ins Programm aufzunehmen und das Rentenniveau in den nächsten Jahren nicht nur zu stabilisieren, sondern es zu erhöhen. Mit beiden Themen sollen sich nun Kommissionen beschäftigen.

Zentraler Programmpunkt des Parteitags war die Rede des Kanzlerkandidaten und Parteivorsitzenden Schulz, von der sich die Delegierten Impulse für die letzte Wahlkampfphase erwarteten. Schulz attackierte wiederholt nicht nur Merkel, sondern die Unionsparteien insgesamt. Deren Wiederannäherung nach den Verwerfungen wegen der Flüchtlingspolitik nannte er einen "Gipfel der Heuchelei". Für seine etwa 80 Minuten dauernde Ansprache bekam Schulz minutenlang Applaus.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber hingegen kritisierte Schulz am Abend: "So groß darf die Verzweiflung niemals sein, dass wir Demokraten uns gegenseitig Anschläge auf die Demokratie vorwerfen", sagte er. Schulz kündigte in seiner Rede an, keinen Koalitionsvertrag zu unterschreiben, in dem nicht die Ehe für alle enthalten sei. Außerdem wandte er sich gegen das Zwei-Prozent-Ziel der Nato. Es sei "nicht vernünftig", und die SPD stehe "nicht in dieser Tradition", sagte Schulz.

Zuvor hatte sich der frühere sozialdemokratische Bundeskanzler Gerhard Schröder an die Delegierten gewandt und seine Partei aufgefordert, sich gegen die Forderungen der USA nach deutlich höheren Rüstungsausgaben zu stellen. Das Nato-Ziel, zwei Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung in das Militär zu investieren, "ist nie beschlossen worden", sagte Schröder. Er stellte sich damit gegen Merkel, die darauf verweist, das Zwei-Prozent-Ziel sei von der rot-grünen Regierung Schröders gebilligt worden.

Eine Niederlage musste die Parteispitze beim Thema Abschiebungen nach Afghanistan einstecken. Hier setzten sich die Abschiebungsgegner durch: Der Parteitag beschloss, dass es bis auf Weiteres grundsätzlich keine Abschiebungen mehr nach Afghanistan geben solle. Dies könnte noch zu innerparteilichen Konflikten führen. Außenminister Sigmar Gabriel hatte in einer internen Sitzung kürzlich vor solchen Beschlüssen gewarnt. Darüber hinaus soll es Verbesserungen für Studierende geben, die Bafög beziehen. Hier sprach sich der Parteitag auf Drängen der Jusos für eine "bedarfsdeckende Erhöhung der Fördersätze" aus.

© SZ vom 26.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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