SPD-Parteitag:25 Milliarden für die Bildung

Sigmar Gabriel hat ein neues Politikfeld entdeckt: Die SPD will Kitas und Schulen mit bis zu 25 Milliarden Euro jährlich fördern. Finanziert werden soll das durch einen Verzicht auf höheres Kindergeld - und die Anhebung des Spitzensteuersatzes.

Fabian Heckenberger

Die SPD fordert eine Neuausrichtung der Bildungspolitik in Deutschland. Es müsse mehr in Schulen und Betreuungseinrichtungen investiert werden, sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel in seiner Rede am Sonntag auf dem Parteitag in Berlin. Statt "Mini-Kindergelderhöhungen, die keiner Familie wirklich helfen", solle mehr Geld in die Infrastruktur fließen. Aus Schulen müssten Ganztagsschulen werden, aus Kindertagesstätten Familienbildungsstätten, forderte Gabriel.

Sigmar Gabriel

Sigmar Gabriel will auf Erhöhungen des Kindergeldes verzichten - und dafür lieber Kitas und Schulen besser ausstatten.

(Foto: AP)

Das Geld dafür, pro Jahr 20 bis 25 Milliarden Euro, soll neben den Einsparungen beim Kindergeld aus einer Anhebung des Spitzensteuersatzes und einer Wiedereinführung der Vermögensteuer kommen. Die Partei will den Spitzensteuersatz von 42 auf 49 Prozent erhöhen. "Das ist kein Sozialneid, sondern sozialer Patriotismus", sagte Gabriel. Soziale Gerechtigkeit und Fairness seien der "Markenkern und das Alleinstellungsmerkmal" der SPD.

Mit der Forderung nach dem Ausbau der Kinderbetreuung will die SPD ihr soziales Profil schärfen und sich künftig stärker an Familien und Arbeitnehmer in Deutschland wenden, die sich nach Darstellung Gabriels von der Politik im Stich gelassen fühlten. In Anlehnung an den früheren US-Präsidenten Bill Clinton sprach Gabriel als Zielgruppe von Leuten, "die hart arbeiten und sich an die Spielregeln einer Gesellschaft halten".

Viele davon hätten früher SPD gewählt, fühlten sich heute aber der Politik zunehmend entfremdet. Für diese Gruppe müsse die SPD wieder stärker Partei ergreifen. Eine der Hauptaufgaben der Sozialdemokraten in diesem Kontext sei es auch, der Globalisierung eine neue Richtung zu geben. Endgültige Entscheidungen zur künftigen Ausrichtung der Partei will die SPD auf dem nächsten Parteitag in einem Jahr treffen.

"Die SPD ist wieder da"

Ein Jahr nach der deutlichen Wahlniederlage sieht Gabriel seine Partei auf einem guten Weg. "Die SPD ist wieder da", rief er unter dem Beifall der mehr als 500 Delegierten und nannte als strategisches Ziel für 2013 die Bildung einer rot-grünen Bundesregierung. Seine Rede nutzte Gabriel auch zur Abrechnung mit der schwarz-gelben Regierung.

Kanzlerin Angela Merkel habe mit ihren Entscheidungen, unter anderem in der Atompolitik, die politischen Lager "schön sauber getrennt". Die Union rücke nach rechts und mache Platz in der bürgerlichen Mitte. Diesen Richtungswechsel bezeichnete Gabriel als "Chance für die SPD". In deutlichen Worten griff der Parteichef die Gesundheitsreform an. "Die privaten Krankenkassen werden gepäppelt, die gesetzlichen geplündert", sagte Gabriel.

Zwei umstrittene Entscheidungen der eigenen Partei verteidigte der Vorsitzende: geplante Korrekturen an der Rente mit 67 und das Parteiausschlussverfahren gegen Thilo Sarrazin. Es gehe nicht darum, die Rente mit 67 rückgängig zu machen, doch es müsse geprüft werden, ob die Bedingungen am Arbeitsmarkt eine Anhebung des Renteneintrittsalters zulassen. "Wenn 80 Prozent der 60- bis 64-Jährigen keine Arbeit haben, dann kann es mit der Einführung der Rente mit 67 eben noch nicht losgehen", erklärte Gabriel. Zum Verfahren gegen Sarrazin sagte Gabriel, eine Partei wie die SPD müsse Meinungsfreiheit aushalten. Eine andere Frage sei es aber, ob eine Partie jede Meinung dulden und dafür öffentlich in Anspruch genommen werden wolle.

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