SPD-Parteitag beendet:Schröder und die störrische Basis

Der Parteichef hat alle für ihn wichtigen Ziele erreicht. Aber die SPD folgte Gerhard Schröder nicht so, wie gewünscht. Diese Tendenz setzte sich auch bei der Verabschiedung des Leitantrags fort. Zwar stimmten die Delegierten in weiten Teilen zu, setzten aber Änderungen durch, die Schröder nicht genehm sind.

Gegen den Willen der Parteispitze beschloss die SPD-Basis zum Beispiel die Ausweitung der gesetzlichen Rentenversicherung auf Beamte und Selbstständige.

Die dadurch entstehenden Mehreinnahmen sollten einem "Generationenfonds" zugeführt werden. Mit diesem neuen Kapitalstock sollten die Belastungen zukünftiger Generationen begrenzt werden. Kurz vor der Abstimmung hatte sich Parteichef Gerhard Schröder vergebens gegen einen solchen Fonds gewandt.

Ebenfalls gegen den Willen der Parteispitze beschlossen die Delegierten, bei der Finanzierung der Bürgerversicherung neben dem Erwerbseinkommen auch andere Einkommensarten wie Mieten oder Zinsen zu berücksichtigen. Dies war im Entwurf des SPD-Vorstands nur als Option vorgesehen.

Die zentralen Aussagen des Leitantrags nach Themen:

ARBEIT, INNOVATION, SOZIALE SICHERHEIT: Eine neue Wachstumsdynamik durch mehr Förderung von Forschung und Innovationen soll "Wohlstand, Arbeitsplätze, soziale Sicherheit und ökologische Verträglichkeit" miteinander verbinden. Mehr Förderung für Mittelstand und junge Unternehmen, ein High-Tech-Masterplan sowie mehr Geld in Forschung und Entwicklung sollen Wachstumsimpulse liefern. Dabei wird stark auf die Entwicklung neuer Umweltschutz-Technologien sowie Nutzung erneuerbarer Energien gesetzt.

BILDUNG UND FORSCHUNG: Sie gelten als zentrale Zukunftsfrage für die wirtschaftliche Entwicklung wie für die Erneuerung der Gesellschaft. Soziale Herkunft soll nicht länger über den Bildungserfolg entscheiden. Binnen vier Jahren soll die Zahl der Ungelernten eines Jahrganges halbiert, die Zahl der Studienanfänger dagegen auf 40 Prozent erhöht werden (bisher: 32 Prozent). Ein "gebührenfreies Erststudium" bleibt für die SPD "unverzichtbar".

AUSBILDUNGSPLÄTZE: Reicht das Lehrstellenangebot zum 30. September eines Jahres nicht aus, sollen Betriebe mit unzureichender Ausbildung künftig eine Abgabe entrichten. Mit dem Geld werden zusätzliche Lehrstellen geschaffen und Unternehmen mit vorbildlicher Ausbildung entlasten.

STEUERN UND FINANZEN: Trotz der aktuellen Haushaltsprobleme soll die Verschuldung begrenzt und zurückgeführt werden. Vom Vorziehen der Steuerreform werden Wachstumsimpulse erwartet. Eine weitere Senkung des Spitzensteuersatzes wird abgelehnt, aber eine "Abmilderung" des Aufstiegs in höhere Steuergruppen in Aussicht gestellt, was Facharbeitern und Bezieher mittlerer Einkommen zu Gute käme.

"Hohe private Vermögen sind in angemessener Weise an der Finanzierung von Bildungsausgaben und Zukunftsinvestitionen zu beteiligen" - ebenso auch Veräußerungsgewinne bei Immobilien und Wertpapieren.

Konkret ist von einer höheren Erbschaftssteuer bei Wahrung größerer Freibeträge (Stichwort: "Omas Häuschen") die Rede, nicht aber von einer regelmäßigen Vermögenssteuer.

BÜRGERVERSICHERUNG: Die Krankenversicherung soll "stufenweise in eine Bürgerversicherung" umgewandelt werden - bei Erhalt des Nebeneinanders von gesetzlichen und privaten Kassen. Klar spricht sich die SPD gegen das Herzog-Modell der "Kopfpauschalen" unabhängig vom Einkommen aus. Auch ein Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge wird abgelehnt. Angestrebt wird ein Beitragssatz unter 13 Prozent.

RENTE: Angestrebt wird eine längere Lebensarbeitszeit - durch früheren Berufseintritt und Abbau der üblichen Frühverrentung. Von einem späteren Renteneintritt erst mit 67 ist nicht die Rede. Ein "Nachhaltigkeitsfaktor" soll die Höhe künftiger Rentenanpassungen vom Verhältnis von Erwerbsfähigen und Leistungsbeziehern abhängig machen. Die Altersversorgung der Beamten soll wie bisher separat vom Staat geregelt werden.

Nach der Verabschiedung des Leitantrags beschloss Schröder den Parteitag, indem er die ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder würdigte.

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