SPD: Neues Finanzkonzept:Reichensteuer schon ab 125.000 Euro

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Die SPD hat ein neues Finanzkonzept erarbeitet. Es sieht weniger Sozialabgaben für alle vor, die Sätze sollen deutlich sinken. Dafür werden Wohlhabende zur Kasse gebeten.

Die SPD setzt den Steuersenkungsplänen der Union ein Konzept entgegen, mit dem die Beitragslast für die Sozialversicherung reduziert werden soll. Darauf verständigten sich die Spitzen der Partei am Wochenende. SPD-Chef Kurt Beck werde die Eckpunkte am Dienstag vorstellen, erfuhr die Süddeutsche Zeitung am Sonntag aus Parteikreisen. Bereits am Montag soll das Präsidium darüber beraten.

Die SPD will mit einem eigenen Steuerkonzept auf die Vorschläge der Union reagieren - und die Reichensteuer drastisch senken. (Foto: Foto: dpa)

Damit sind auch die Rufe nach Steuersenkungen vom Tisch, die es aus den eigenen Reihen gab. So hatte sich beispielsweise die nordrhein-westfälische SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft intern dafür ausgesprochen, die Steuerlast der Mittelschicht deutlich zu reduzieren.

Nach den Angaben wird es zentraler Ansatz eines sozialdemokratischen Konzepts sein, die Beiträge der Arbeitnehmer etwa für die Rente oder die Krankenkassen mittelfristig zu reduzieren. Derzeit hätten insbesondere Niedrig- und Durchschnittsverdiener unter den hohen Abgaben zu leiden, die das Einkommen vom ersten Euro an um rund 20 Prozent mindern. Die Abgaben für diese Gruppe seien höher als die Steuern, hieß es.

Steuergeschenke kann sich Deutschland nicht leisten

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte der BZ am Sonntag, "hier müssen wir Entlastungen ermöglichen. Steuergeschenke für reiche Leute kann sich Deutschland schlicht und ergreifend nicht leisten." In den Kreisen hieß es ergänzend, zunächst strebe die SPD eine generelle Senkung der Abgaben an. Für einen späteren Zeitpunkt werde aber auch erwogen, sie im unteren Einkommensbereich zunächst langsam ansteigen zu lassen.

Als Voraussetzung für die Senkung der Lohnnebenkosten nennt das SPD-Papier einen Bundeshaushalt, der ohne neue Schulden auskommt. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) strebt dies für das Jahr 2011 an. Die danach im Haushalt entstehenden Überschüsse wollten die Sozialdemokraten nutzen, um die Sozialkassen zu entlasten. An weitere Einschnitte bei den Leistungen etwa für die Rente oder in der Arbeitslosenversicherung sei nicht gedacht. "Das ist nicht vorstellbar", hieß es.

Stattdessen will die SPD zusätzliche Einnahmen erzielen, indem sie Spitzenverdiener und Vermögende stärker zur Kasse bittet. So wird in dem Eckpunktepapier erwogen, die Reichensteuer von 45 Prozent schon ab einem niedrigeren Einkommen zu erheben. Derzeit muss diesen Steuersatz nur zahlen, wer als Lediger mehr als 250.000 Euro verdient.

Die künftige Höhe sei im Konzept nicht festgelegt. Im Gespräch sei aber beispielsweise ein Einkommen von 125.000 Euro. Das würde nicht nur diejenigen deutlich stärker belasten, die die Reichensteuer jetzt schon zahlen. Gleichzeitig würde sie auch für eine größere Zahl von Steuerzahlern fällig.

Vermögenssteuer wieder in Kraft setzen

Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Hans-Ulrich Krüger, sagte dem Focus, er könne sich 45 Prozent als generellen Spitzensteuersatz vorstellen: "Sicher nicht schon ab 52.152 Euro wie heute. Aber nicht erst ab einem Einkommen von 250.000 Euro."

Nach den Angaben beabsichtigt die SPD zudem, die Vermögenssteuer wieder in Kraft zu setzen. Sie wird seit Jahren nicht erhoben, weil ihre Ausgestaltung vom Verfassungsgericht verworfen wurde, für eine Neuordnung aber die politische Mehrheit fehlt. Bis 1997 kassierte der Staat jährlich ein Prozent des Vermögens, abzüglich eines Freibetrags von umgerechnet 61.400 Euro pro Familienmitglied.

Der Präsident des Bundesrechnungshofes, Dieter Engels, sprach sich in einem Interview des Spiegel gegen Steuersenkungen aus. Das Defizit im Bundeshaushalt betrage derzeit noch rund elf Milliarden Euro. Weitere elf Milliarden seien nur durch geplante Privatisierungen gedeckt. "Bevor diese Lücke geschlossen ist, darf es keine Steuerentlastung geben. Alles andere wäre unseriös." Auch nach einem Ausgleich des Haushaltes sei ein Abbau der Schulden vorrangig. Der Staat hat derzeit einen Schuldenstand von insgesamt 1500 Milliarden Euro.

Steuersenkungen forderten hingegen FDP-Chef Guido Westerwelle und der Vorsitzende der Chemie-Gewerkschaft, Hubertus Schmoldt. Nach Westerwelles Worten sollten die Steuersätze regelmäßig an die Inflationsentwicklung angepasst werden. Geschehe das nicht, leide vor allem die Mittelschicht. So habe 1960 der Spitzensteuersatz beim 17-fachen des Durchschnittseinkommens gegriffen. Heute erreiche ihn schon, wer das 1,4-fache eines Durchschnittgehalts verdiene. Ähnlich äußerte sich Schmoldt.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt appelliert an die Regierung, auf die steigenden Energiepreise zu reagieren, indem sie die verfügbaren Einkommen der Arbeitnehmer erhöhe.

© SZ vom 26.5. 2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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