SPD-Mitgliederentscheid zum Koalitionsvertrag:Stimmt zu, Genossen!

SPD-Mitgliederentscheid zum Koalitionsvertrag: Bangen um die Zustimmung der Basis: SPD-Mitglieder beobachten am Bundesparteitag der SPD in Leipzig an einem Monitor eine Rede von Parteichef Sigmar Gabriel (Archivbild)

Bangen um die Zustimmung der Basis: SPD-Mitglieder beobachten am Bundesparteitag der SPD in Leipzig an einem Monitor eine Rede von Parteichef Sigmar Gabriel (Archivbild)

(Foto: Imago Stock&People)

Jetzt ist die Basis dran. Der Koalitionsvertrag ist fertig, es fehlt nur noch die Zustimmung der SPD-Mitglieder zum Bündnis mit der Union. Die tun sich schwer. Doch aus inhaltlichen Gründen kann kein SPD-Mitglied den Vertrag jetzt ablehnen.

Ein Kommentar von Thorsten Denkler, Berlin

Einfach ist das nicht. Die Vorbehalte der SPD-Mitglieder gegen eine Koalition mit CDU und CSU sind ja nicht nur inhaltlicher Natur. Eine tiefe Abneigung hat manchen Genossen erfasst, seit Angela Merkel die SPD 2009 auf 23 Prozent - in ihren Augen - herunterregierte. Das wollen sie nicht noch einmal erleben.

Doch der Blick in den Koalitionsvertrag müsste selbst die größten Skeptiker beruhigen. Wenn er eine Handschrift trägt, dann die der SPD. Nur drei Beispiele:

  • Da ist der gesetzliche, flächendeckende Mindestlohn von 8,50 Euro. Wer hätte gedacht, dass der gegen die Union durchzusetzen sein würde. Die kleinen Kompromisse mit der Union beziehen sich in diesem Fall allein auf technische Details. Nicht auf den Grundsatz.
  • Da ist die abschlagfreie Rente mit 63, später mit 65, nach 45 Versicherungsjahren. Gut, mit den 63 Jahren hat sich die SPD nicht komplett durchsetzen können. Aber dass die Zahl der Beitragsjahre für den Renteneintritt relevant sein kann, ist ein Schritt in Richtung des flexiblen Renteneintritts, den die SPD sich gewünscht hat.
  • Da ist die doppelte Staatsbürgerschaft für alle von 1990 an in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern. "Erst ab 1990", mögen manche mosern. Aber das betrifft die aktuelle Generation der 23-Jährigen, die sich sonst für eine Staatsbürgerschaft hätten entscheiden müssen. Das unwürdige Optionsmodell ist damit passé.

Drei Kernforderungen, in denen sich die SPD fast auf voller Linie durchsetzen konnte. Hinzu kommen Fortschritte, was die Leiharbeit, die Gleichstellung von Männern und Frauen oder Werkverträge angeht.

Sicher, wer das Haar in der Suppe sucht, der wird es finden. Nein, es wird keine Bürgerversicherung geben. Ja, die armutsfeste Altersrente wird erst nach dieser Legislaturperiode eingeführt wird, von 2017 an. Wenn es dann noch dazu kommt. Und nein, auch Steuerhöhungen für Reiche waren nicht durchsetzbar.

Der Koalitionsvertrag mag nicht der ganz große Wurf sein. Von einer großen Koalition kann mehr erwartet werden als nur dieses Klein-Klein. Aber ablehnungswürdig? Nein, das ist der Koalitionsvertrag sicher nicht. Nicht um den hohen Preis, den ein Nein bedeuten würde. Eine akute Staatskrise mit Neuwahlen, die wahrscheinlich für die SPD nicht besser ausgehen würden. Plus eine Führungskrise der SPD, von der sie sich so schnell nicht mehr erholen würde.

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