Vorstellung der SPD-Minister:Hoffnung auf die glorreichen Sieben

Selfie künftige SPD-Minister

Neben den sechs neuen Ministern posieren SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, die designierte Parteichefin Andrea Nahles und der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, für das obligatorische Selfie.

(Foto: dpa)

Die Vorstellung der SPD-Minister erinnert an "Germany's Next Topmodel". Die Botschaft der Parteiführung lautet aber: Für die SPD sollen nicht mehr die Alpha-Tiere punkten, sondern nur noch die Mannschaft. Das wäre ein Kulturbruch.

Von Stefan Braun, Berlin

Am Ende stehen die sieben Sozialdemokraten nebeneinander und keiner wirkt größer als der andere. Alle sieben haben sich fein rausgeputzt, alle lächeln kollektiv in die Kameras, alle haben einen letzten Rest Vorsicht in den Augen. Denn alle wissen: Was jetzt kommt, ist eine Schlacht ums politische Überleben der SPD.

Umso konsequenter ist die Auswahl an diesem Morgen. Da stehen keine Einzelkämpfer mehr, sondern Teamspieler. Keiner überragt die anderen, keiner ist besonders klein geraten. Keiner hat sich als Patriarch und keine sich als große Chefin ausgegeben. Drei Frauen, drei Männer, dazu Andrea Nahles, die bald Parteivorsitzende sein soll - das Signal soll lauten: Es sind nicht mehr die Großmäuler, die die SPD in die nächste Groko führen. Dieses Mal soll es eine Mannschaft sein, die alles richtet.

Wer einen Bruch zur Vergangenheit sucht, wird an diesem 9. März 2018 fündig. Nach einem Parteichef Sigmar Gabriel, der die SPD gegen Ende ziemlich autoritär führte, und einem Vorsitzenden Martin Schulz, der aus einem 100-Prozent-Wahlergebnis beim Parteitag am Ende auch nichts Gutes geschafft hat, soll die nächste Phase eine ganz andere werden. So jedenfalls denken sich das Andrea Nahles und Olaf Scholz; so präsentieren sie die sechs SPD-Minister.

Als sie kurz nach zehn auf die kleine rote Bühne im Willy-Brandt-Haus treten, kommen sie zunächst alleine und bleiben dabei auch ziemlich leise. Ein paar lobende Worte für die scheidenden Minister. Dann sagt Scholz, was ihr eigentliches Ziel ist: ein Team, das "hervorragend zusammenarbeiten kann, das Fachkompetenz mitbringt und das in der Lage ist, große Apparate zu führen". Kurz und trocken und also wie immer macht das Scholz. Was ausgesprochen nüchtern daherkommt, ist doch eine große Veränderung: Nahles und Scholz meinen es offenbar ernst mit dem Versuch, eine neue Kultur durchzusetzen.

Scholz stellt die drei Frauen vor, Nahles die drei Männer. Und beide sind sehr bestrebt, den Auserwählten lobende Worte mit auf den Weg zu geben. Ein Hauch von Germany's Next Topmodel weht durch die SPD-Parteizentrale. Wäre man in einem Autohaus mit unterschiedlichen Fahrzeugen, dann würde jetzt etwas Besonderes passieren: Weder Scholz noch Nahles schwärmen von den tollsten, schnellsten und größten Autos. Eher erklären sie ihren Kunden da draußen, warum auch ein kleineres, kluges, intelligentes und sparsames Auto sehr gut zu ihnen passen könnte.

"Wir sind stolz auf diese Ministerinnen"

Scholz erinnert bei Katarina Barley daran, dass sie als Juristin eine ganz besondere Expertise fürs Justizressort mitbringe; bei der Neuköllnerin Franziska Giffey schwärmt er von der Durchsetzungskraft, die sie aus ihrem Berliner Problem-Kiez mitbringe. Und bei Svenja Schulze, der früheren Forschungsministerin aus Nordrhein-Westfalen, verweist er auf ihre umweltpolitischen Erfahrungen. Sie soll ja nun mal das Umweltressort übernehmen. Am Ende sagt Scholz: "Wir sind stolz auf diese Ministerinnen."

Nicht anders macht es Nahles, die künftig nicht nur die Fraktion, sondern auch die Partei führen soll. Auch sie gibt sich nicht als große Chefin, sondern bleibt bescheiden bei ihrer Rolle, an diesem Tag andere hervorzuheben. So schwärmt sie über Olaf Scholz ("ein großer Gewinn für die Bundespolitik"); lobt Heiko Maas ("großes diplomatisches Geschick und große Standhaftigkeit") und freut sich über Hubertus Heil ("hohe Fachkompetenz und sehr gut vernetzt").

Am Ende stehen sie alle sieben auf der Bühne, lächeln natürlich und wirken tatsächlich so, als könnten sie auf Dauer zusammengehören. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, dass diese "glorreichen Sieben" gar keinen Chef haben und brauchen.

Ob diese neue Führungsspitze der SPD tatsächlich zum Nutzen gereichen wird, kann an dem Morgen niemand wissen. Klar ist nur: Diese Art der Präsentation ist Nahles und Scholz so wichtig, dass Fragen hinterher nicht mehr zugelassen werden.

Das ist das Einzige, was unsouverän wirkt an einem Tag, der sortierter und aufgeräumter wirkt als alle Wochen zuvor. Zumal sich das, was intern schon "Sprechverbot" genannt wird, nicht nur auf den morgendlichen Auftritt beschränkt, sondern bis zur Vereidigung der neuen Minister am kommenden Mittwoch gelten soll. Kein Wunder, dass manche intern von einem "Maulkorb" berichten und andere das an alte Stamokap-Methoden erinnert. Dies in Anlehnung an die Vergangenheit von Olaf Scholz. Der hatte sich zu Uni-Zeiten im linken, sogenannten Stamokap-Flügel der Juso-Hochschulgruppen engagiert. Und zu denen gehörte nicht nur der Kampf gegen einen "staatsmonopolistischen Kapitalismus". Zu ihnen gehörte auch eine strikte (und strikt durchgesetzte) Disziplin.

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