SPD-Minister:Geschwätzigkeit schlägt Plan

SPD-Minister: Der Plan ist mal wieder nicht aufgegangen: Die SPD-Franktionsvorsitzende Andrea Nahles und der geschäftsführende Parteichef Olaf Scholz

Der Plan ist mal wieder nicht aufgegangen: Die SPD-Franktionsvorsitzende Andrea Nahles und der geschäftsführende Parteichef Olaf Scholz

(Foto: dpa)
  • Die meisten Namen der SPD-Kabinettsliste sind bereits nach außen gedrungen. Das widerspricht dem Plan von Nahles und Scholz, das Personaltableau am Freitag zunächst der Parteiführung und dann der Öffentlichkeit zu präsentieren.
  • Wenn sich die Personalien, die die SZ bereits am Montag angekündigt hatte, bestätigen, fällt auf: Keiner der Minister entspricht dem Typus des lauten Ersatzparteichefs.

Von Stefan Braun, Berlin

Andrea Nahles und Olaf Scholz hatten einen Plan. Sie wollten am Freitag früh erst die SPD-Führung und anschließend die Öffentlichkeit über die neuen SPD-Minister im Kabinett informieren. Sauber sollte das ablaufen, kontrolliert sollte es aussehen.

Und es sollte nicht an das Improvisationstheater erinnern, das die Partei dem Publikum zuletzt dargeboten hatte. Der geschäftsführende SPD-Chef Scholz und die Franktionsvorsitzende und designierte SPD-Chefin Nahles wollten alles tun, damit ihre Partei sich nicht übergangen fühlt.

Das hat leider nicht geklappt. Mal wieder nicht. Seit Mittwoch verselbständigten sich immer mehr Personalien. Erst wurde durchgestochen, dass die Neuköllner Bürgermeisterin Franziska Giffey an den Kabinettstisch kommen werde. Dann wurde bekannt, dass Sigmar Gabriel nicht mehr dabei sein würde. Anschließend sickerte durch, dass der bisherige Justizminister Heiko Maas künftig das Auswärtige Amt leiten solle.

Es tut sich also was bei den Sozialdemokraten. Und es gibt offenbar zu viele von ihnen, die darüber gerne früh und viel reden möchten. Was damit zu tun haben dürfte, dass Leute von Namen Wind bekommen haben, die sie entweder super finden oder komplett ablehnen. So lief es offenbar auch am Donnerstag.

Das hatte mindestens kurzzeitig das Potenzial, alles zunichte zu machen. Nachdem der Name Giffey für das Familienministerium vermeldet wurde, gab es hinter den Kulissen gewaltigen Ärger bei Nahles und Scholz, die alles zu entscheiden und zu verantworten haben.

Es wird kein eitler Lautsprecher dabei sein

Gerade eine Ministerliste muss zur Befriedung einer Partei wie der SPD gut austariert sein. Zwischen Ost und West, zwischen Nord und Süd, vor allem aber zwischen Niedersachen und Nordrhein-Westfalen. Diese beiden Landesverbände haben besonders viel zu sagen - und können bei Unmut großen Ärger machen. Umso gefährlicher ist es, wenn Namen öffentlich werden, bevor alles abgewogen und ausgeglichen ist. Genau das ist der SPD-Spitze passiert - mit der Folge, dass Nahles und Scholz drauf und dran waren, alles nochmal über den Haufen zu werfen.

So weit, heißt es, ist es nun nicht gekommen. Deshalb lässt sich am Donnerstagnachmittag über einige Namen mit einer relativen Gewissheit sprechen. Dazu zählt nicht nur Olaf Scholz, der schon lange als Finanzminister gesetzt ist. Hinzukommen die Neuköllnerin Franziska Giffey, der Saarländer Heiko Maas und die bisherige Familienministerin Katarina Barley, die möglicherweise ins Justizressort wechselt.

Offen sind noch zwei Namen, denn die SPD kann ja sechs Posten besetzen. Im Gespräch sind unter anderem die beiden Niedersachsen Hubertus Heil und Matthias Miersch, von denen aus Proporz-Gründen allerdings nur einer ins Kabinett kommen wird. Und die sechste Person wird aus Nordrhein-Westfalen sein. Es wird eine Frau sein, der Name aber ist - noch - offen.

Die bisher bekannten Namen gehören allesamt zu einer Riege, über die die SZ am vergangenen Montag das erste Mal berichtet hatte - als Möglichkeit, als Option, als aussichtsreiche Kandidaten. Es handelt sich also nicht um eine kurzfristig gefällte Entscheidung, sondern eine, über die Nahles und Scholz ausführlich nachgedacht haben.

Und wenn es denn so kommt, wie es sich jetzt andeutet, fällt noch etwas auf: Es wird kein eitler Lautsprecher dabei sein. Keiner, der sich womöglich bald wie ein Ersatzparteichef aufführt; keiner also, der wie Peer Steinbrück oder Sigmar Gabriel auftreten würde.

Sollte das gelingen, wäre das eine besondere Leistung. Es wäre ein erster Beleg dafür, dass die SPD nicht länger über Personen, sondern wieder mehr über Inhalte sprechen möchte.

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