SPD:Kurs leicht links

Lesezeit: 2 min

Gute Umfragewerte haben die Sozialdemokraten lange nicht mehr bekommen. Ihr Vorsitzender Sigmar Gabriel versucht nun, die Position seiner Partei neu zu justieren - und sich scharf von seinen Koalitionspartnern abzugrenzen.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Mit teils scharfer Abgrenzung von den Koalitionspartnern hat SPD-Chef Sigmar Gabriel seine Partei auf die bevorstehenden politischen Debatten eingestimmt. "Wir werden nicht hinnehmen, dass CDU und CSU die Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern blockieren", sagte Gabriel am Sonntag bei einem Presseauftritt am Rande des Parteikonvents in der SPD-Zentrale in Berlin. "Es geht darum, dass für gleiche Arbeit gleicher Lohn gezahlt wird." Er gehe sogar noch einen Schritt weiter und fordere "gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit". Der unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagende Konvent ist eine Art kleiner Parteitag.

Gabriel kritisierte auch den Umgang der Unionsparteien miteinander: "Die SPD diskutiert über die Zukunft unseres Landes, während CDU und CSU miteinander streiten." Das "Zerwürfnis" sei zu einer "ernsten Belastung für die Arbeit der Koalition" geworden: "Deswegen muss Frau Merkel mit Herrn Seehofer Klarheit schaffen."

Nach Angaben von Teilnehmern hatte Gabriel zuvor hinter verschlossenen Türen von den rund 200 Delegierten und der Parteiführung freundlichen Applaus für seine Rede bekommen. Darin hatte er sich unter anderem dafür ausgesprochen, im Bildungssektor das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern abzuschaffen. Ein zentrales Motiv der Rede, das er später vor der Presse wiederholte, war laut Teilnehmern die Definition der politischen Mitte. Die Mitte sei "kein fester Ort", so formulierte es Gabriel öffentlich - sondern etwas, das es zu definieren und zu erobern gelte. Er habe in seiner Rede davor gewarnt "zu glauben, die SPD müsse sich entscheiden zwischen links und Mitte". Sie sei und bleibe "eine linke Volkspartei".

Hintergrund ist, dass Gabriel derzeit verstärkt linke Akzente setzt, nachdem er die Partei noch im vergangenen Jahr auf einen Mitte-Kurs führen wollte. Intern wird dies zum Teil skeptisch gesehen, da ein solcher Kurswechsel nach Ansicht mancher Spitzengenossen die Glaubwürdigkeit der SPD weiter untergraben könnte. Gabriel gilt als umstritten, doch anders als bei anderen Gelegenheiten zuvor gab es in der Aussprache nach seiner Rede laut Teilnehmern keine direkte Kritik an ihm im Zusammenhang mit den schwachen Umfragewerten. Gabriel sagte: "Jeder von uns weiß, in welcher Lage wir sind. Aber das Rumjammern über diese Lage, das machen wir nicht."

Inhaltlich beschäftigte sich die SPD bei ihrem Konvent unter anderem mit den Themen Wohnen, Sicherheit sowie dem von Gabriel vorgeschlagenen sogenannten Solidarprojekt. Wie von der SZ bereits berichtet, sollen kleine und mittlere Einkommen entlastet werden, während man sich mit der möglichen Besteuerung großer Vermögen und Erbschaften auseinandersetzen will. Steuerhinterzieher will die SPD härter verfolgen, bis 2019 will sie in Bund und Ländern 12 000 neue Polizeistellen schaffen. Der eigentliche Diskussionsprozess zum Wahlprogramm beginnt aber gerade erst.

Darüber hinaus ging Gabriel bei seinem Auftritt auf die AfD ein. Von dort komme nichts Neues, sondern "das ganze deutschnationale Gequatsche, das ich jedenfalls aus meiner Jugend kenne, im Zweifel von meinem Vater". Gabriels Vater war bis zu seinem Lebensende bekennender Nazi gewesen.

© SZ vom 06.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: