SPD:Kraft der Wachsamkeit

Das Thema Flüchtlinge und die Sozialdemokratie.

Von Detlef Esslinger

Immer derjenige gewinnt eine Wahl, dem es am besten gelingt, das eigene Milieu zu mobilisieren - es ist also nur die übliche Ruchlosigkeit, wenn Baden-Württembergs SPD-Chef der CDU vorwirft, den Aufschwung der AfD "billigend in Kauf zu nehmen". Der Mann kämpft gegen verheerende Umfragen an, da soll man keine übertriebene Eleganz erwarten. Manchmal hilft es ja, die Ur-Instinkte der Sympathisanten zu wecken. Manchmal.

Zu den Ur-Instinkten der Sozialdemokratie gehört die Wachsamkeit gegen alles, was tatsächlich oder vermeintlich braun ist. Zu den Ur-Instinkten vieler, besonders aber der kleinen Leute gehört die Wachsamkeit gegen jeden, der einem tatsächlich oder vermeintlich etwas wegnehmen könnte. Und zur SPD-Klientel gehörten immer beide: Antifaschisten und kleine Leute. Was aber, wenn deren Interessen womöglich gegensätzlich sind?

Nur mit Mühe hat die NRW-SPD drei Ortsvereine in Essen von einem "Lichtermarsch" gegen die weitere Aufnahme von Flüchtlingen abhalten können. "Genug ist genug" sollte das Motto lauten; eine Diktion, die auch der AfD hätte einfallen können. Man kann der SPD zugutehalten, dass sie so auf keinen Fall mobilisieren will. Aber dass drei Ortsvereine überhaupt auf solche Ideen kommen, zeigt das besondere Wahlkampfproblem der SPD: Beim beherrschenden Thema ist sie noch gespaltener als die Konkurrenz.

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