SPD in Nordrhein-Westfalen:Unverhofftes Glück

Krach zwischen FDP und Union, dazu noch Rüttgers Sponsoring-Affäre: Kurz vor der Wahl in NRW kommt die SPD aus der Defensive. Sie muss aber dringend ihr Verhältnis zur Linken klären.

Hans-Jörg Heims

Die in Folge der demütigenden Niederlage bei der Bundestagswahl 2009 nach Erfolgen dürstenden Sozialdemokraten reiben sich verwundert die Augen. Könnte es tatsächlich sein, dass sie am 9. Mai in Nordrhein-Westfalen die vor fünf Jahren verlorene Macht zurückerobern und Schwarz-Gelb im Bund bereits nach wenigen Monaten die wichtige Mehrheit im Bundesrat verlöre?

Schon einmal ist einer demoralisierten Opposition eine spektakuläre Wiederauferstehung gelungen. Im Jahr 1998 schien für die CDU nach dem Ende der Ära Kohl auf lange Zeit nichts mehr zu gewinnen zu sein. Doch dann erwies sich die mit hohen Erwartungen ins Amt gewählte rot-grüne Koalition als wenig kompetent.

Den Unmut über die handwerklichen Fehler von Kanzler Gerhard Schröders Ministerriege fing in Hessen der CDU-Ministerpräsident Roland Koch mit seiner populistischen Unterschriftenkampagne gegen die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts erfolgreich auf. Nun könnte sich Geschichte anderswo mit anderen Vorzeichen wiederholen.

Die andauernden Streitigkeiten innerhalb der Union/FDP-Koalition, die überzogenen Angriffe von Guido Westerwelle auf den Sozialstaat und die "Sponsoring-Affäre", die das Image von Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers als selbsternannten Arbeiterführer massiv beschädigt haben, bilden eine für die Union gefährliche Mixtur.

Schon gelingt es den Sozialdemokraten, ihre an sich selbst leidende und hadernde Wahlkampftruppe zu mobilisieren. SPD-Bundeschef Sigmar Gabriel will die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zu einer Abstimmung über die Kanzlerin und ihre Politik machen und mit der Schwäche des Gegners eigene Stärke demonstrieren.

Plötzlich sieht sich die CDU in Düsseldorf, die eigentlich erst nach Ostern mit dem Wahlkampf beginnen wollte, einer Situation gegenüber, auf die sie nicht vorbereitet ist. Schon werden auch landespolitische Versäumnisse etwa in der Schulpolitik oder bei der Sicherheit von Gefängnissen zum Thema. Noch versucht Rüttgers Gelassenheit zu demonstrieren - aber es fällt zunehmend schwerer.

Wie verunsichert die Union bereits ist, zeigt sich daran, dass sie in der Not zu einem politischen Ladenhüter greift: der Rote-Socken-Kampagne. Das allerdings könnte die SPD tatsächlich an einer sensiblen Stelle treffen.

Denn die fast einstimmig wiedergewählte SPD-Landeschefin Hannelore Kraft hat sich auf dem Landesparteitag in Dortmund abermals von einer klaren Aussage gedrückt, ob sie sich auch mit den Stimmen der Linkspartei zur Ministerpräsidentin wählen lassen würde. Das Lavieren im Umgang mit den dunkelroten Genossen hat der SPD noch nie geholfen.

Die eigene Stärke und Kraft zu überschätzen, könnte sich am Ende als Fehler für die SPD erweisen. Dann könnte es sich beim derzeitigen Flimmern am Horizont tatsächlich nur um eine Sinnestäuschung handeln.

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