SPD-Generalsekretärin:Holzen statt holpern

SPD-Vorstandssitzung

Parteichef Sigmar Gabriel erwarte von ihr "berechtigterweise, dass der öffentliche Auftritt flutscht", sagt Yasmin Fahimi.

(Foto: Wolfgang Kumm/dpa)

Nach einem ungelenken Start ins Amt galt Yasmin Fahimi schon als Fehlbesetzung. Nun findet sie ihre Rolle.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Für ein paar Augenblicke kam am vergangenen Wochenende im ZDF so etwas wie Spannung auf. Sigmar Gabriel wurde befragt, der SPD-Chef redete über den BND, die Liste der NSA-Selektoren und die Idee, einen Sachverständigen mit deren Auswertung zu beauftragen. Dann wurde er auf die jüngsten Äußerungen seiner Generalsekretärin angesprochen.

Yasmin Fahimi hatte der Bild am Sonntag gesagt, was vor ihr diverse Sozialdemokraten erklärt hatten: dass bis zur nächsten Sitzungswoche geklärt sein solle, wie das Parlament die Selektorenliste prüfen könne. Daraus wurde medial ein "Ultimatum", das Fahimi der Kanzlerin gestellt habe, es gab einige pfingstliche Aufregung, nun sollte Gabriel dazu Stellung nehmen.

Man erinnerte sich kurz an den Januar, als er und Fahimi sich öffentlich darüber entzweit hatten, wie mit der Pegida-Bewegung umzugehen sei, was mit Gabriels Satz endete, er kämpfe "um jede Seele, auch um die meiner Generalsekretärin". Man erinnerte sich daran, dass Gabriel in Sachen Geheimdienste längst wieder den verbalen Kriegspfad verlassen hatte, ihm ein "Ultimatum" also nicht recht sein konnte. Und man hielt es deshalb zumindest nicht für ausgeschlossen, dass er Fahimi nun in die Parade fahren würde. Doch Gabriel sagte: "Was Frau Fahimi gesagt hat, das ist nun wirklich was ganz Normales."

War das nun wirklich bemerkenswert? Ja, war es, weil zur Vorgeschichte eben nicht nur die Pegida-Differenz gehört, sondern auch die eine oder andere Gelegenheit, bei der Gabriel seine Generalsekretärin intern vor Zeugen deutlich spüren ließ, wer der Chef ist. Und dass der Chef nicht vorbehaltlos glücklich mit der Arbeit der Generalsekretärin war. Das führte zu Gerede: Das Verhältnis sei zerrüttet, Fahimi eine "Fehlbesetzung", Gabriel sei enttäuscht von der Frau, die er ausgewählt habe, hieß es - und dass Fahimi, die Seiteneinsteigerin von der IG Bergbau, Chemie, Energie, womöglich beim Parteitag Ende des Jahres nicht wieder kandidieren werde. Dieses Gerede ist deutlich leiser geworden.

Wahlkämpfe managen - damit hat die Seiteneinsteigerin allerdings noch keine Erfahrung

Die vergangenen Wochen sind vergleichsweise gut gelaufen für Yasmin Fahimi - was auch daran liegt, dass die Enthüllungen zu den Selektoren und zum nie zustande gekommenen No-Spy-Abkommen die geradezu ideale Gelegenheit boten, die Koalitionsdisziplin zumindest tageweise abzulegen und das zu tun, wofür Generalsekretäre eben auch da sind: holzen, zuspitzen, piesacken. Fahimi rückte die Union in die Nähe der Wahlkampflüge, warf die Frage auf, warum "die Aufsicht im Kanzleramt" nicht eingegriffen habe und erklärte, eine deutsche Kanzlerin dürfe "nicht unterwürfig sein gegenüber den USA". Zwischendurch warf sie noch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vor, ihr sei "die Kontrolle ihres Hauses entglitten". Dabei stimmte sie sich (größtenteils) offenbar recht erfolgreich mit Gabriel ab - und war öffentlich sogar ausnahmsweise mindestens ebenso gut wahrnehmbar wie Parteivize Ralf Stegner, der selbst gern Generalsekretär geworden wäre und ihr sonst mit seinen Nadelstichen gegen den Koalitionspartner stets ein wenig voraus war. Sogar von der CDU gab es Unterstützung, wenn auch unfreiwillig: Präsidiumsmitglied Jens Spahn verkündete, Fahimis "Gekläffe" könne man nicht ernst nehmen. Damit vergriff er sich im Ton und schloss die Reihen der SPD erst recht.

Hat Fahimi ihre Rolle gefunden? Auf diese Frage hin stellt sie erst mal klar, dass der öffentliche Auftritt nun wirklich nicht ihre einzige Aufgabe sei - stattdessen nehme bei ihr das "Management" des Willy-Brandt-Hauses "sicherlich eine stärkere Rolle ein als bei manchen meiner Vorgänger". Dann sagt sie: "Mittlerweile habe ich nicht nur eine größere Sicherheit in meinem Amt erlangt, sondern verspüre auch zunehmend Spaß daran, die Partei nach außen zu vertreten, sowohl bei Terminen als auch in Radio oder Fernsehen."

Und das Verhältnis zu Gabriel? "Der Vorsitzende und ich mussten sicherlich am Anfang einen gemeinsamen Stil finden. Und Sigmar Gabriel erwartet von seiner Generalsekretärin berechtigterweise, dass der öffentliche Auftritt flutscht, da war bei mir anfangs manches noch etwas hölzern." Inzwischen habe man "miteinander mehr Routine" und tausche sich "auf allen Kanälen" intensiv aus. "Es läuft gut, finde ich."

Das finden zwar noch immer nicht ausnahmslos alle Parteifreunde - doch Gabriel und damit derjenige, auf den es in dieser Frage ankommt, scheint derzeit friedlich gestimmt zu sein. Das heißt allerdings nicht, dass sich das nicht auch schnell wieder ändern könnte. Und wenn es auf den Bundestags-Wahlkampf zugeht, wird die große Frage sein, ob Fahimi in der Kampagnenplanung überhaupt eine größere Rolle spielen darf. Erfahrung mit Wahlkämpfen hat sie jedenfalls nicht.

Davon unabhängig weiß Fahimi, dass sie noch einiges verbessern muss. "Insgesamt fühle ich mich wohl", sagt sie. "Klar ist mir aber auch, dass so ein starres Format wie die wöchentliche Pressekonferenz am Montag nie mein Lieblingsformat sein wird." Die Souveränität, das einzugestehen, hätte sie vor ein paar Monaten kaum gehabt.

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