SPD:Gabriels fragwürdiges Versprechen

Vor einer Ausweitung des Syrien-Einsatzes will Gabriel die Basis befragen. Mit der Fraktion war das nicht abgesprochen. Das rächt sich.

Von Nico Fried

BerlinEine Mitgliederbefragung in der SPD zu einer Ausweitung des Syrien-Einsatzes der Bundeswehr mit Bodentruppen hätte nach Auffassung der Fraktionsspitze keine verbindliche Wirkung für das Abstimmungsverhalten der SPD-Abgeordneten. Bei dem Ergebnis einer solchen Befragung handele es sich nur um ein Stimmungsbild, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht. "Es ist ganz klar, das ist kein imperatives Mandat." Dies sei auch die Haltung des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel. Das Ergebnis einer Mitgliederbefragung fließe allerdings genauso in die Gewissensentscheidung des einzelnen Abgeordneten ein wie viele andere Faktoren.

Zuletzt hatte die SPD-Parteispitze im Dezember 2013 ihre Mitglieder über die Annahme des Koalitionsvertrages mit der Union befragt. Eine Mitgliederbefragung zu einem konkreten Gesetzesvorhaben oder einem Bundeswehrmandat für einen Auslandseinsatz gab es bisher nicht. Laut Artikel 38 Grundgesetz sind Abgeordnete des Bundestages "an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen".

"Wenn wir über Krieg und Frieden unsere Mitglieder nicht fragen, wann denn dann", fragte Gabriel

Gabriel hatte am vergangenen Freitag in seiner Rede vor dem Bundesparteitag der Sozialdemokraten in Berlin versprochen, die Basis in die Entscheidung über eine mögliche Ausweitung des Einsatzes einzubeziehen. "Sollte das Mandat, das der Deutsche Bundestag in der letzten Woche verabschiedet hat, verändert und die direkte Beteiligung von Deutschland an Kampfhandlungen oder gar Bodentruppen in Syrien oder der Region eingefordert werden, dann werde ich als Vorsitzender der SPD die Mitglieder der SPD in Deutschland fragen", so Gabriel. "Sie müssen dann entscheiden, wie die Position der SPD ist." Weiter hatte Gabriel gesagt: "Wenn wir über Krieg und Frieden unsere Mitglieder nicht fragen, wann denn dann? Das sind die Einzigen, die entscheiden dürfen, wie sich die SPD verhält. Niemand sonst hat das Recht, die SPD in einer solchen Frage zu positionieren."

Im Fraktionsvorstand der SPD hatte es am Montagabend eine Diskussion über diese Äußerung gegeben. Die Bild-Zeitung, die zuerst über die Sitzung berichtete, vermeldete "heftige Kritik". Teilnehmer der Sitzung bestätigten der Süddeutschen Zeitung, dass Gabriels Versprechen in mehreren Wortbeiträgen, die sich mit dem Parteitag insgesamt befassten, als einer von vielen Kritikpunkten thematisiert wurde, unter anderem weil die Fraktionsführung über den Vorstoß des Parteichefs vorab nicht informiert worden war. Ein Beschluss sei dazu aber nicht gefasst worden.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte über eine Ausweitung des Syrien-Einsatzes: "Ich sehe momentan die Notwendigkeit einer solchen Entscheidung nicht." Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte jüngst ein erweitertes Engagement abgelehnt.

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