SPD:Gabriel will Konkurrenz um Kanzlerkandidatur

Der Chef der Sozialdemokraten fordert führende Köpfe seiner Partei auf, sich dafür einem Votum der ganzen Basis zu stellen - Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz sagt gleich als Erster ab.

Von Christoph Hickmann, Berlin

SPD-Chef Sigmar Gabriel stößt mit seiner Idee eines Mitgliederentscheids über den nächsten sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten auf wenig Gegenliebe in der Partei. Der Hamburger Bürgermeister und stellvertretende Parteivorsitzende Olaf Scholz sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Der SPD-Vorsitzende ist der natürliche Kanzlerkandidat." In Parteikreisen überwog die Auffassung, dass es sich um eine Scheindebatte handele, da kein ernst zu nehmender Kandidat mit Gabriel um die Kandidatur wetteifern werde.

Zuvor hatte Gabriel dem Spiegel gesagt, wenn es mehr als einen Interessenten gäbe, "dann würde die SPD einen Mitgliederentscheid machen". Der Parteivorsitzende verwies auf den Erfolg des Mitgliedervotums über die große Koalition Ende 2013 und fügte mit Blick auf die Kanzlerkandidatur an: "Es wäre hervorragend, wenn es im nächsten Jahr zwei oder drei Leute aus der Führungsspitze der SPD gäbe, die sagen: Ich traue mir das zu." Auf die Frage, ob er selbst entschlossen sei, als Kanzlerkandidat anzutreten, sagte Gabriel: "Das entscheidet die SPD, wenn es so weit ist."

Gabriel hatte sich zuvor bereits mehrfach für einen Mitgliederentscheid über den Kanzlerkandidaten ausgesprochen. Bislang gab es auf den Vorschlag keine größere Resonanz. Im August des vergangenen Jahres hatte auch die Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann dafür plädiert, dass über den nächsten sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten alle SPD-Mitglieder abstimmen sollten. Auch dieser Vorstoß hatte keine ernsthaften Folgen.

Voraussetzung für einen Mitgliederentscheid wäre, dass mehrere geeignete Kandidaten ernsthaftes Interesse hätten, die SPD in den Bundestagswahlkampf 2017 zu führen. Das ist nicht erkennbar. So werden zwar immer wieder Namen von Personen genannt, die anstelle von Gabriel die Kanzlerkandidatur übernehmen könnten. Doch entweder haben diese Kandidaten, etwa wegen der schlechten Ausgangslage, grundsätzlich kein Interesse - oder sie lehnen es ab, gegen Gabriel anzutreten.

Der Parteivorsitzende ist unter anderem wegen der schwachen Umfragewerte seiner Partei intern stark umstritten, doch bislang gibt es an der Parteispitze keinerlei Versuche, ihn zu verdrängen. Stattdessen stärkten mehrere Spitzengenossen Gabriel am Pfingstwochenende demonstrativ den Rücken. Parteivize Scholz, der immer wieder als möglicher Nachfolger Gabriels an der Parteispitze genannt wird, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Die SPD ist eine solidarische Partei, und in der SPD-Spitze halten wir zusammen. Wir machen uns nicht gegenseitig die Posten streitig." Das Ziel müsse es sein, die SPD "gemeinsam voran" zu bringen. "Und ich halte Sigmar Gabriel für einen guten Parteichef", so Scholz. Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier, den manche für einen geeigneten Kanzlerkandidaten halten, lobte den SPD-Chef: "Keiner hat sich um die Partei so verdient gemacht wie Sigmar Gabriel", sagte er dem Tagesspiegel. "Keiner hat mehr Rücksicht auf die Partei genommen und sie so gestärkt."

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