Flüchtlingsdebatte:SPD-Politiker irritiert über Äußerungen von Nahles

SPD-Chefin Andrea Nahles spricht vor der Bundestagsfraktion - die Partei möchte 2018 ihre Erneuerung starten.

Andrea Nahles' Aussage zur Flüchtlingspolitik kommt bei einigen in der SPD nicht gut an.

(Foto: Christophe Gateau/dpa)
  • Mehrere SPD-Politiker kritisieren eine Äußerung von Parteichefin Nahles zur Flüchtlingspolitik, wonach Deutschland "nicht alle aufnehmen" könne.
  • Juso-Chef Kühnert sagt, mit solchen Sätzen spielten die Parteien das Spiel der AfD mit.
  • Aus dem konservativen Seeheimer Kreis verlautet hingegen: "Wo Andrea recht hat, hat sie recht."

Von Mike Szymanski, Berlin

SPD-Chefin Andrea Nahles hat mit ihrer Äußerung zur Flüchtlingspolitik, wonach Deutschland "nicht alle aufnehmen" könne, für Irritationen in den eigenen Reihen gesorgt - und für Unverständnis bei den Grünen.

Juso-Chef Kevin Kühnert kritisierte im ARD-"Morgenmagazin", Sätze wie "Wir können nicht alle bei uns aufnehmen" würden in der Auseinandersetzung mit der AfD nicht helfen. Die Aufnahme aller habe auch niemand gefordert. In allen demokratischen Parteien werde auf das Erstarken der AfD zum Teil reagiert, indem ihre Sprache und Argumente übernommen würden, sagte Kühnert weiter. Damit spielten die Parteien aber letztlich das Spiel der AfD mit. Die Botschaft sei deshalb auch an die SPD, "dass wir damit aufhören müssen".

SPD-Innenpolitiker Lars Castellucci bezeichnete Nahles' Satz im Kurznachrichtendienst Twitter als "dumm, gefährlich und richtig": "Dumm, weil gar nicht alle kommen wollen oder können; gefährlich, weil mit diesem Satz gezündelt wird; richtig, weil es objektiv so ist und auch niemand etwas anderes behauptet." Der Süddeutschen Zeitung sagte er, die SPD müsse endlich zu einer klaren Haltung in dieser Frage finden. "So kann das nicht weiterlaufen."

Susi Möbbeck, SPD-Politikerin und Integrationsbeauftragte in Sachsen-Anhalt, erklärte, niemand wolle "alle aufnehmen".

Am Wochenende sahen sich mehrere SPD-Spitzenpolitiker wiederum veranlasst, Nahles zu bestärken. SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach erklärte: "Die Akzeptanz der Flüchtlinge sinkt derzeit stark in der Bevölkerung. Unter diesen Bedingungen ist Integration nur bedingt möglich. Auch das ist Demokratie. Daher hat Andrea Nahles recht. Auch Abschiebung muss korrekt funktionieren."

Zuspruch kam auch vom konservativen Seeheimer Kreis, dessen Vertreter Johannes Kahrs erklärte: "Wo Andrea recht hat, hat sie recht."

Baerbock: Politik braucht Haltung

Nahles hatte am Wochenende in einem Interview mit der Passauer Neuen Presse die Grünen aufgefordert, die von der Koalition vereinbarte Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer im Bundesrat nicht länger zu blockieren. Eine Einstufung als sichere Herkunftsstaaten könnte die Asylverfahren von Bürgern dieser Länder vereinfachen und damit beschleunigen. Die Koalition hatte bereits in der vergangenen Wahlperiode einen Anlauf dazu unternommen, war aber in der Länderkammer gescheitert.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock hielt der SPD, ebenfalls auf Twitter, entgegen: "Wenn in den letzten 70 Jahren Politik in unserem Land in den entscheidenden Momenten nach gefühlter (!) Akzeptanz gemacht worden wäre, gäbe es weder das Grundgesetz, die EU noch die Gleichstellung von Mann und Frau. Politik braucht Haltung."

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