SPD:Butter bei die Fische

Auf die SPD wächst der Druck, ihre Kabinettskandidaten vor dem Ende des Mitgliedervotums zu nominieren.

Von Christoph Hickmann

Dem Sonntagabend sah die SPD-Spitze einigermaßen gelassen entgegen, was ja dieser Tage schon eine Erwähnung wert ist. Wenn sich die Kanzlerin im ZDF äußere, so die Hoffnung der Genossen, dann werde sich die öffentliche Aufmerksamkeit zumindest kurz vom sozialdemokratischen Großschlamassel wegverlagern, hin zur CDU. Allerdings machte Angela Merkel im Interview dann eine Ankündigung, die nun bei der SPD wieder Druck erzeugt.

Merkel kündigte an, die Namen der potenziellen CDU-Minister in einer großen Koalition bis zum Sonderparteitag Ende Februar zu nennen - also bereits vor dem Ende des SPD-Mitgliedervotums. Dabei hatten die Spitzengenossen eigentlich gehofft, ihr eigenes Personaltableau nach Martin Schulz' Verzicht auf das Auswärtige Amt erst einmal offenhalten zu können - und zwar einschließlich der Frage, wer nun statt Schulz den Posten übernehmen soll.

Wie also wollen die Genossen nach Merkels Ankündigung nun vorgehen? Dazu gab es am Montag zunächst keine offizielle Linie. Mehrere Spitzengenossen tendierten zwar dazu, bei der ursprünglichen Position zu bleiben und vorerst nicht über Namen zu reden, verwiesen aber auf die Sitzung des Präsidiums an diesem Dienstag, bei der man auch diesen Punkt besprechen werde. Doch warum diese Vorsicht?

Die Spitzengenossen sehen eine Gefahr: mediales Störfeuer von Sigmar Gabriel

Die liegt unter anderem darin begründet, dass jemand wie Olaf Scholz etwas zu verlieren hat. Der Hamburger Bürgermeister soll Finanzminister werden, vermeidet aber jede öffentliche Aussage zu seiner Zukunft - um nicht, falls die SPD-Mitglieder Nein sagen, die nächsten Jahre von der Opposition als Fast-Finanzminister durch Hamburg gejagt zu werden. Und es gibt einen weiteren Grund: Sigmar Gabriel.

Würde man die Namen der Minister vor dem Votum nennen, entstünde wegen des geschäftsführenden Außenministers in jedem Fall ein Problem, so die Angst der Spitzengenossen: Stehe der Name Gabriel auf der Liste, müsse man mit Empörung unter den Mitgliedern rechnen. Stehe er nicht darauf, müsse man in der sensiblen Phase des Votums mediales Störfeuer durch Gabriel befürchten. An dieser Einschätzung änderte am Montag auch die Meldung des Tagesspiegel nichts, wonach Gabriel es bedaure, seine kleine Tochter mit einem angeblich von ihr geäußerten Satz über Schulz ins Spiel gebracht zu haben.

Bleibt die Frage, ob die Parteispitze sich nicht eher Sorgen darüber machen sollte, dass die Basis sich an der Nase herumgeführt fühlt, wenn man mit den Ministernamen hinterm Berg hält. Zumal der Vorwurf der Intransparenz ohnehin im Raum steht, seit Martin Schulz verkündete, der Parteivorsitz solle an Andrea Nahles übergehen: Im Hinterzimmer ausgekungelt, so lautet hier die Kritik. Von der Präsidiumssitzung an diesem Dienstag an soll Nahles die Partei kommissarisch führen und dann möglichst rasch bei einem Parteitag gewählt werden - in jedem Fall deutlich vor Ablauf der vorgesehenen Frist von drei Monaten. In Parteikreisen wurde vor der Sitzung allerdings erörtert, ob die Sache mit der kommissarischen Führung überhaupt möglich sei - schließlich sei die Fraktionsvorsitzende Nahles derzeit nicht einmal gewähltes Mitglied des Parteivorstands. An der Parteispitze hingegen wurde versichert: Man sei sicher, dass alles seine Richtigkeit habe.

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