Spanien:Runter auf Platz drei

Pablo Iglesias, leader of Spain's Podemos (We Can) party, poses before an interview in Madrid

Hat den Richtungskampf bei Podemos gewonnen: Pablo Iglesias.

(Foto: Paul Hanna/Reuters)

In Spanien ist der Aufstieg der linksalternativen Protestpartei Podemos vorerst beendet. In ihrem Wahlprogramm bricht sie deshalb mit den radikalen Dogmen.

Von Thomas Urban, Madrid

Ein Jahr nach ihrem Überraschungserfolg bei den Europawahlen 2014 ist der Aufstieg der links-alternativen spanischen Partei Podemos gestoppt. Führte die Gruppierung noch zum Jahreswechsel bei den Umfragen mit 27 Prozent Zustimmung vor der regierenden konservativen Volkspartei (PP) sowie den oppositionellen Sozialisten (PSOE), so hat sie seitdem laut dem Meinungsforschungsinstitut CIS mehr als zehn Punkte verloren. Sie ist damit auf den dritten Platz abgerutscht. Die Umfragen führt wieder die PP mit 26 Prozent an, zwei Punkte vor der PSOE.

Podemos (16,5 Prozent) wird zudem bedrängt von den liberalen Ciudadanos (Bürger), die sich ebenso dem Kampf gegen Korruption verschrieben haben, aber sich klar zur Marktwirtschaft bekennen. Nach diesen Zahlen könnten PP und PSOE, die sich seit fast vier Jahrzehnten an der Regierung abgelöst haben, eine große Koalition bilden. Die beiden Parteien haben mit gigantischen Korruptionsaffären zu kämpfen. Am 24. Mai stehen in Spanien Kommunal- und Regionalwahlen an, im Herbst wird das nationale Parlament gewählt.

Podemos-Generalsekretär Pablo Iglesias, dessen Markenzeichen Pferdeschwanz und Holzfällerhemd sind, hat zuletzt seine Wahlkampagne vor allem gegen die bürgerlichen Ciudadanos gerichtet, die Aufsteiger der letzten Wochen. Auch setzte er sich bei einem Richtungskampf gegen den dogmatisch-marxistischen Podemos-Flügel durch. Dessen Wortführer Juan Carlos Monedero, der bislang als Nummer drei der Partei galt, trat in der vergangenen Woche zurück. Er warf Iglesias vor, seinen Führungsstil immer mehr der Hinterzimmerpolitik der Etablierten anzugleichen und die Ideale der Protestbewegung zu verraten. Monedero war allerdings selber seit Monaten in der Kritik: Er hatte als "Berater" der Regierungen von Venezuela und Bolivien eine halbe Million Euro ohne erkennbare Gegenleistung erhalten und obendrein die Honorare nicht versteuert.

Die spanische Presse berichtet sehr ausführlich über die Wirtschaftskrise in Venezuela, das Thema ist in Spanien überaus negativ besetzt; schon aus diesem Grund dürfte Monedero der großen Mehrheit seiner Landsleute suspekt gewesen und für Podemos zum Ballast geworden sein.

Ganz offenkundig will Iglesias seine Partei auch für die linksliberale Wählerschaft attraktiv machen, um die bisher die Ciudadanos und die PSOE konkurriert haben. Jedenfalls trägt das Wirtschaftsprogramm von Podemos dem Misstrauen der überwältigenden Mehrheit der Spanier gegen neomarxistische Experimente Rechnung. Darin ist nicht mehr von Verstaatlichung der Banken und Schlüsselindustrien die Rede, sondern von konsequenter Erhebung der Steuern sowie dem Kampf gegen Korruption. Bei öffentlichen Aufträgen sollen nur noch Firmen berücksichtigt werden, die keine Steuerschulden haben und nicht in die Korruptionsskandale der vergangenen Jahre verwickelt sind. Auch will Podemos Steuerschlupflöcher schließen und hohe Einkommen stärker besteuern. Im Programm blieben ein generelles Mindesteinkommen, die Erhöhung des Mindestlohns sowie der Fortbestand des steuerfinanzierten kostenlosen Gesundheitswesens.

Mit dem Popularitätsverlust für Podemos haben sich gleichzeitig die Werte für die PP Rajoys stabilisiert. Dem Premier, dem die Medien vorwerfen, als langjähriger Parteichef das Führen schwarzer Kassen durch die PP-Schatzmeister gedeckt zu haben, kommt der sich abzeichnende Wirtschaftsaufschwung zu gute: Für Ende 2015 wird mit einem Wachstum von knapp drei Prozent gerechnet, womit Spanien in der Eurozone an der Spitze stünde. Auch Rajoy versucht, seine Partei zur Mitte zu öffnen; er hat in den vergangenen Monaten mehrere Vertreter des nationalkatholischen Flügels der PP ins Abseits gedrängt. Er will nun bei den Parlamentswahlen wieder als Spitzenkandidat antreten.

Im Podemos-Programm, das Iglesias in Madrid vorstellte, findet sich nicht mehr die Forderung des marxistischen Flügels, spanische Verbindlichkeiten gegenüber internationalen Geldgebern nicht zu begleichen. Vielmehr betont der Generalsekretär, dass Spanien zu seinen Verpflichtungen stehen werde. In den Medien hatte der Kurs der neuen Führung in Athen, die auf Konfrontation mit Brüssel setzte, ebenfalls ein überaus negatives Echo gefunden. Iglesias hatte den griechischen Premier Alexis Tsipras zunächst als Vorbild und Kampfgefährten gepriesen, zuletzt aber jeden Hinweis auf Athen vermieden.

Doch wie Tsipras will Iglesias Entlassungen und Privatisierungen im öffentlichen Dienst, vor allem im Gesundheitswesen, rückgängig machen. Ein Solidaritätsbesuch Tsipras' bei Podemos wurde auf unbestimmte Zeit verschoben.

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