Spanien:Katalonien bekommt neue Regierung - Regierungschef geht

Catalonian acting President Artur Mas

Artur Mas gibt zwar zugunsten der neuen Koalition seinen Posten als Regierungschef ab - aus der Politik zurückziehen will er sich aber nicht.

(Foto: dpa)
  • Kurz vor Ende der Frist für die Regierungsbildung einigen sich die separatistischen Parteien in der spanischen Region Katalonien auf eine Koalition.
  • Der Übereinkunft fällt der langjährige Regierungschef der Region, Artur Mas, zum Opfer - er muss seinen Posten räumen.
  • Die neuen Regierungsparteien in Barcelona wollen innerhalb von 18 Monaten die Loslösung von Spanien erreichen.

Unmittelbar vor dem Ablauf einer entscheidenden Frist haben sich die nach Unabhängigkeit strebenden Parteien in der spanischen Region Katalonien auf die Bildung einer neuen Regierung geeinigt. Neuer Ministerpräsident wird demnach der bisherige Bürgermeister von Girona, Carles Puigdemont, teilte der scheidende Regierungschef Artur Mas am Samstagabend mit.

Wäre bis Sonntag keine Koalitionsbildung gelungen, wären Neuwahlen in der wirtschaftsstärksten Region Spaniens fällig geworden. Die Allianz Junts pel Sí (Gemeinsam fürs Ja) der liberalen Politiker Mas und Puigdemont erhielt aber bei einem letzten Treffen am Samstag die Unterstützung der kleinen linksradikalen Partei CUP. Die Regierungsbildung war bislang daran gescheitert, dass Mas lange Zeit auf einen Verbleib im Amt bestand, die CUP aber unbedingt einen neuen Regierungschef wollte, unter anderem wegen Mas' Sparpolitik vergangener Jahre.

Mas macht "einen Schritt zur Seite"

Nach wochenlangen zähen Verhandlungen gab Mas nun nach. Er mache "einen Schritt zur Seite, um das Land (Katalonien) vorwärts zu bringen", sagte der 59-Jährige auf einer Pressekonferenz im katalanischen Regierungspalast. "Neuwahlen wären die schlechteste Option für Katalonien gewesen", sagte Mas weiter. Er selbst werde sich nicht aus der Politik zurückziehen, doch denke er jetzt eher daran, eine botschafterähnliche Rolle einzunehmen und die Idee eines unabhängigen Kataloniens als eine gute in die Welt hinauszutragen.

Mas' Nachfolger Puigdemont ist ein gelernter Journalist, der unter anderem 1998 die Katalanische Nachrichten-Agentur mit gegründet und auch die englischsprachige Regionalzeitung Catalonia Today geleitet hat. Der 51-Jährige gehört wie Mas der liberalen Demokratischen Konvergenz (CDC) an.

Der Jubel der Separatisten folgte umgehend: "Großer Erfolg. Es gibt ein Abkommen. Wir haben eine Regierung und Stabilität", schrieb der Präsident der einflussreichen Bewegung "Katalanische Nationalversammlung" (ANC), Jordi Sánchez, auf Twitter. Junts pel Sí, die wie die CUP die Trennung Kataloniens von Spanien innerhalb der nächsten 18 Monate verwirklichen will, hatte bei der Regionalwahl am 27. September zwar die meisten Sitze im Regionalparlament gewonnen, die absolute Mehrheit aber verpasst. Zum Weiterregieren war die Allianz daher auf die Unterstützung der Linksradikalen angewiesen.

Juristischer Kampf mit Madrid

Die Separatisten der Region im Nordosten Spaniens hatten nach den Wahlen im Regionalparlament bereits eine Resolution zur Einleitung des Unabhängigkeitsprozesses verabschiedet. Das Madrider Verfassungsgericht erklärte den Beschluss auf Klage der Zentralregierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy allerdings für illegal. Die Separatisten betonten, der Prozess zum Aufbau eigener staatlicher Institutionen solle ungeachtet des Neins des Verfassungsgerichts fortgesetzt werden. Im Resolutionsentwurf des Parlaments heißt es, man habe durch den Wahlsieg ein "demokratisches Mandat" für die Trennung von Spanien erhalten.

Die Zentralregierung in Madrid ist strikt dagegen und bezeichnet eine Abspaltung als verfassungswidrig. Sie appellierte am Samstagabend an die regionalen Parteispitzen in Katalonien, die Strategie der Spaltung der Gesellschaft zu beenden. Die Parteien sollten ihre Kräfte lieber einsetzen, um die Probleme der Katalanen zu lösen und nicht neue Spannungen zu schaffen, hieß es in einer Erklärung aus Madrid. Umfragen zufolge sind die meisten Katalanen dafür, ein Referendum über die Unabhängigkeit abzuhalten. Doch für eine tatsächliche Abspaltung von Spanien gibt es gleich viele Befürworter wie Gegner.

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