Sozialdemokraten nach der Wahl:Die SPD sucht ihren Kurs

"Wir dürfen sie nicht verteufeln": Führende Sozialdemokraten fordern die Öffnung zur Linkspartei auf Bundesebene - und haben Angst vor einer Zeit der Führungslosigkeit.

Von S. Höll und C. Kohl

Nach der katastrophalen Wahlniederlage debattiert die SPD über ihren künftigen Kurs in der Opposition. Namhafte SPD-Politiker sprachen sich für eine neue Haltung gegenüber der Linkspartei aus. Unter der Leitung des Noch-Vorsitzenden Franz Müntefering sollte sich am Mittwoch eine Runde von SPD-Spitzenpolitikern treffen, um den geplanten Führungswechsel zu beraten.

Zahlreiche SPD-Bundes- und Landespolitiker, unter ihnen auch der Favorit für das Amt des Parteivorsitzenden, Sigmar Gabriel, plädierten für einen neuen Umgang mit der Linkspartei. Gabriel, der im November zum Nachfolger von SPD-Chef Franz Müntefering gewählt werden dürfte, warben im Bundesvorstand für eine selbstbewusste Haltung gegenüber der ehemaligen PDS. Man müsse sie nicht verteufeln, aber sie sei auch nicht der natürliche nächste Koalitionspartner der SPD, zitierten Teilnehmer den amtierenden Umweltminister aus der Sitzung am Montag.

Auch Noch-Arbeitsminister Olaf Scholz forderte eine Umorientierung. Anders als bislang dürfte man sich ein Bündnis mit der Linkspartei im Bund nicht prinzipiell verbauen, sagte er dem Hamburger Abendblatt. Ähnlich hatte sich auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit geäußert, der ebenso wie Scholz vermutlich einer der neuen stellvertretenden Parteivorsitzenden wird. Die SPD hatte in ihrem Programm für die Bundestagswahl eine rot-rote Zusammenarbeit bis 2013 ausgeschlossen.

Mit Blick auf die derzeit unklaren Machtverhältnisse in der Bundes-SPD wurde in der Spitze inzwischen Sorge vor einer Zeit der Führungslosigkeit laut. Der Übergang hin zu einer neuen Spitze müsse alsbald und einvernehmlich geregelt werden, sagte ein Mitglied der SPD-Führungsgremien.

Müntefering und der neue Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier wollten sich am späteren Mittwoch mit den Mitgliedern der mutmaßlich neuen Führung treffen. Außer Gabriel, Scholz und Wowereit gehören dazu die Vize-Parteichefin Andrea Nahles und die nordrhein-westfälische Landesvorsitzende, Hannelore Kraft. Nahles soll künftige Generalsekretärin werden, Kraft Vize-Parteichefin.

Kein Machtkampf

Zugleich wurde seitens aller Beteiligten versichert, es habe in der Führungsfrage keinen Machtkampf gegeben. So hätten Scholz und Gabriel Steinmeier noch am Montag gesagt, sie würden ihn unterstützen, wenn er außer dem Vorsitz der Fraktion auch den der Partei übernehmen würde. Der Weg für Gabriel an die Spitze scheint aber nun frei. Aus einigen Landesverbänden, etwa Bayern, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz war zwischenzeitlich der Ruf laut geworden, Wowereit zum Parteichef zu wählen. Solche Wünsche habe Wowereit aber zurückgewiesen, hieß aus der SPD.

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